„Massives Erpressungspotenzial“

ENDE Die Ruder-Olympiasiegerin Carina Bär, 26, hört auf und kritisiert die Spitzensportreform

BERLIN taz/dpa | Am vergangenen Wochenende erst wurde die Spitzensportreform auf der DOSB-Mitgliederversammlung in Magdeburg mit einer erstaunlich überwältigenden Mehrheit durchgewunken. Stolze 98,6 Prozent sprachen sich für das Reformwerk aus. Die Wochen zuvor jedoch gab es aus Athletenkreisen massive Kritik an den geplanten Zentralisierungsmaßnahmen.

Nun verkündete die 26-jährige Carina Bär, die im Sommer bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro die Goldmedaille im Doppelvierer gewann, ihr Karriereende und verband dies mit einer Kritik an der Spitzensportreform. Bär will sich künftig auf ihre Ausbildung zur Ärztin konzentrieren.

Bär habe sich beim Verband bereits abgemeldet, berichtete die Heilbronner Stimme. „Die Vereinbarkeit mit dem Studium ist einfach schwierig. Und man muss schon zu hundert Prozent hinter dem Training stehen“, sagte Bär.

Im Zuge der vom DOSB verabschiedeten Spitzensportreform hätte sie aber künftig Heilbronn verlassen müssen, erklärte die Kadersprecherin der Skullerinnen. „Wenn die Stützpunktpflicht kommt, hätte ich nach Berlin umziehen müssen. Da gibt es aber keine Unikooperation“, sagte die Olympiasiegerin und Weltmeisterin von 2013 und 2014. Sie kritisiert: „Wohnst du nicht am geforderten Ort, wirst du nicht mehr zur Förderung vorgeschlagen.“

Als „massives Erpressungspotenzial“ bezeichnete Bär die Druckmittel, denen sich Athleten ausgesetzt sehen. Sie sei ganz froh, dass sie „von dem Schlamassel“ nicht mehr abhängig sei.

Bei ihrem Einstieg ins Berufsleben profitiert Bär wiederum künftig von einem Projekt des Bundesinnenministeriums und der Deutschen Sporthilfe, das bis zu 50 ehemaligen Spitzenathleten bessere Chancen beim Berufseinstieg ermöglicht.

Beim DOSB hat man die Reformen auch damit begründet, man wolle sich in Zukunft auf die Förderung der Besten konzentrieren. Im Fall der Ruderin Carina Bär ist dies schon mal misslungen.