Künftig keine Sklavenhändler-Weihnacht mehr

Aufarbeitung Nach Kritik des Arbeitskreises Hamburg Postkolonial will das Museum für Kunst und Gewerbe den verharmlosenden Erzählmusikabend über den berüchtigten Sklavenhändler Schimmelmann künftig nicht mehr erlauben

Sie bekamen ein „S“ eintätowiert und wurden zum namenlosen Stückgut: die zuletzt 1.000 Sklaven auf Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen in der heutigen Karibik, mit denen Kaufmann Heinrich Carl von Schimmelmann zum reichsten Europäer des 18. Jahrhunderts wurde.

Obwohl das alles bekannt ist, dauert der Ruhm fort: Nicht nur, dass Hamburg 2006 ein Schimmelmann-Denkmal enthüllte, das 2008 nach Protesten wieder verschwand. Auch läuft seit Jahren in Hamburgs Museum für Kunst und Gewerbe das Erzählkonzert „Weihnachten bei Schimmelmanns“ mit Barockmusik und historischen Kostümen. Auch am gestrigen Sonntag wurde wieder aus dem Leben der laut Werbetext „aufstrebenden Familie im 18. Jahrhundert“ erzählt.

„Wir finden diese Verharmlosung sowie Würdigung einer der europaweit zentralen Figuren im transatlantischen Menschenhandel unerträglich“, haben der Arbeitskreis Hamburg Postkolonial und die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) in einem offenen Brief ans Museum geschrieben. Viele Mitglieder der Familie Schimmelmann seien in den Sklavenhandel verwickelt gewesen.

„Solch eine Veranstaltung zum Familien-Event zu machen ist nicht hinnehmbar“, sagt Tahir Della vom Vorstand der ISD. Und dass dies erst jetzt aufgefallen sei, „hängt mit den knappen Zeitbudget von uns Ehrenamtlern zusammen“. Aber die Veranstaltung sei ein guter Anlass, darauf hinzuweisen, dass es Defizite in der Aufarbeitung gebe. Der Abend gehöre abgesagt.

Das gehe so kurzfristig nicht, sagte Museumsdirektorin Sabine Schulze. Zumal es keine museumseigene Veranstaltung sei, sondern eine von 200 musikalischen Fremdveranstaltungen, „und die können wir nicht alle inhaltlich prüfen. Wir haben das einfach übersehen“. Weihnachten bei Schimmelmanns werde es in ihrem Haus künftig nicht mehr geben. Auch allgemein will Schulze ab jetzt „verstärkt darauf achten, dass diese Vermietungen nicht mit den Inhalten unserer Museumsarbeit kollidieren.“

Schließlich befasse sich das Hause seit Langem mit der eigenen Geschichte – sowohl durch Provenienzrecherche als auch durch das Projekt „Mobile Welten“ über die Migration von Dingen in transkulturellen Gesellschaften. Zudem plane sie gemeinsam mit dem Kolonialismus-Forscher Jürgen Zimmerer ein Kolloquium über die Benin-Skulpturen des Museums.

Letztlich sei die Museumsdirektorin dankbar für die Kritik des Arbeitskreises Hamburg Postkolonial. „Die hat mich sensibilisiert.“ Petra Schellen