Das Ding, das kommt
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Die Futterhäuschen in Gärten und auf Balkons bleiben dieses Jahr auffallend leer. Woran es liegt, ist nicht klar Foto: Holger Hollemann/dpa

Leerstand im Vogelhaus

Einen regelrechten Boom hat es in den vergangenen Jahren durch die Möglichkeiten des Internetvertriebs erlebt. Kleinkünstler und regionale Betriebe, aber auch internationale Unternehmen bauen und handeln heute mit Vogelhäusern in allen denkbaren Varianten: gestaltet als Berghütten, Kirchen, Schweden- oder Fachwerkhäuser, mit Reetdach oder schiefen Wänden.

Es gibt sie mit dem Schriftzug „Mini-Bar“ oder dem Hinweis „Vogelvilla“ und Vogelhäuser in Schwarz-Gelb für Fans von Borussia Dortmund. Eine gewisse Vormachtstellung scheint das Vogelhäuschen im Stil des Schwarzwaldhauses zu haben, aber belastbare Zahlen gibt es dazu nicht.

Ein bisschen ist es jetzt so wie früher mit der Plattensammlung: Zeige mir Dein Vogelhäuschen und ich sage Dir, wer Du bist. Für die Vögel ist das alles vermutlich egal – so lange das Futter stimmt. Nur dass die Vögel dem Menschen in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung machen: Sie sind bislang kaum erschienen. Was die Vogelhaus-Besitzer nervös macht.

Beruhigend verlautbart der Naturschutzbund Nabu, dass das Ausbleiben der Vögel zumindest nicht an der Vogelgrippe liegen könne – die nämlich sei in ihrer aktuellen Form generell nicht für Singvögel gefährlich. Vielmehr seien es die Folgen einer schlechten Brutsaison: Durch Nässe und Kälte im Frühjahr seien viele Jungvögel an Unterkühlung gestorben.

Weitere Gründe für den Leerstand im Vogelhaus sind die vergleichsweise milde Witterung, die die Nahrungsbeschaffung jenseits der Häuschen ermöglicht, und dass die Wintergäste noch gar nicht da sind. Das heißt: Für Singvogelarten wie Kohlmeisen, Gimpel, Zeisige, Buch- und Bergfinken ist das deutsche Vogelhäuschen ein Ding, das erst noch kommt – vorausgesetzt, die Temperaturen empfehlen einen Besuch in Deutschland.

Den Vögeln ebenfalls egal ist übrigens die Debatte über Sinn und Unsinn der Vogelfütterung. Der Nabu sagt, das Futter komme vor allem solchen Vögeln zugute, deren Population sowieso stabil oder wachsend sei. Gefährdete Arten erreiche es aber fast gar nicht. Was das Füttern allerdings Positives bewirkt: dass der Mensch sich in einem friedlichen Sinn mit Tieren beschäftigt.

Denn das Vogelhäuschen bietet ja nicht nur die Möglichkeit zu einer ästhetischen Entscheidung. Sondern auch den guten alten Kick, den der Mensch immer hat, wenn er mit wilden Tieren in Berührung kommt: Er will sie entweder töten oder zähmen und dazu bringen, dass sie ein Stück weit werden wie er. KLI