Dubiose Spenden für das Stadtoberhaupt

Bayern Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs wurde verhaftet. Der Vorwurf: Korruption

Seit Mittwoch in U-Haft: OB Joachim Wolbergs Foto: Armin Weigel/dpa

MÜNCHEN taz | Der bayerischen SPD ging es nie besonders gut. Aber derzeit trifft es die Partei schon ziemlich heftig. Der ehemalige Landtagsabgeordnete Linus Förster sitzt unter anderem wegen Besitz von Kinderpornos im Knast, die Umfragewerte sind auf einem Rekordtief von 14 Prozent angelangt, und jetzt wurde auch noch der SPD-Oberbürgermeister von Regensburg, Joachim Wolbergs, verhaftet.

Schon im vergangenen Sommer hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen – wegen Korruption. Der böse Verdacht: Wolbergs soll vor seiner Wahl im Jahr 2014 von drei örtlichen Baufirmen für seinen Ortsverein Stadtsüden Spenden in Höhe von 500.000 Euro erhalten haben, gestückelt in lauter Einzelspenden von unter 10.000 Euro und überwiesen von Strohmännern, damit auch ja nichts auffällt.

Durch die Spenden, davon scheint die Staatsanwaltschaft nun überzeugt zu sein, soll der OB dazu veranlasst worden sein, seinen Einfluss bei Entscheidungen der Stadt über Bauvorhaben im Sinne der Spender auszuüben. Im Mittelpunkt des Ermittlerinteresses stand von Beginn an auch die Bauteam Tretzel GmbH, die den größten Teil der Spenden aufgebracht haben soll. Deren Chef, Volker Tretzel, sowie der technische Leiter der städtischen Wohnungsgesellschaft wurden am Mittwoch ebenfalls in Gewahrsam genommen, wie die Mittelbayerische Zeitung unter Berufung auf Staatsanwaltschaft berichtete.

Wolbergs hatte stets seine Unschuld beteuert und einen Rücktritt abgelehnt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte er selbst ein Disziplinarverfahren gegen sich beantragt – „in der Überzeugung, dass ein solches Disziplinarverfahren keine Hinweise auf persönliche Dienstvergehen in meiner Funktion als Oberbürgermeister ergeben wird“. Zuletzt wiederholte der 45-Jährige in seiner Weihnachtsansprache: „Ich war nie in meinem Leben käuflich.“ Es habe auch nie jemand versucht, ihn zu kaufen. Gelinge es ihm aber nicht, seine Unschuld zu beweisen, werde er zurücktreten und Regensburg verlassen.

Im November und Dezember hatten sich die Hinweise auf unerlaubte Absprachen zwischen SPD-Fraktion und Tretzel jedoch verdichtet. So berichtete die Mittelbayerische Zeitung, dass auch 2015, also nach Wolbergs’ Amtsantritt, Spenden in Höhe von 160.000 Euro an seinen Ortsverein überwiesen worden seien. Zudem wurde eine E-Mail bekannt, die SPD-Fraktionschef Norbert Hartl an Tretzel schrieb. Darin schickte er dem Unternehmer Pläne für ein geplantes Baugebiet und bat ihn um Rat – der Bewerber konnte also schon vor der Ausschreibung Einfluss nehmen.

Tretzel bekam schließlich den Zuschlag für die Baumaßnahme. In Kopie setzte Hartl auch OB Wolbergs. Auch ein Fax mit Vorabinformationen zu der Ausschreibung fand die Kripo bei dem Bauunternehmer. Absender war auch in diesem Fall die SPD-Stadtratsfraktion.

Bayerns SPD ging es nie gut. Nun trifftes sie aber gerade besonders heftig

Im Stadtrat wurde es gegen Ende des Jahres zunehmend ungemütlicher. Besonders vor Weihnachten kochten die Emotionen bei einer Plenarsitzung hoch. CSU-Chef Franz Rieger verrannte sich am Ende rhetorisch derart, dass er Wolbergs aufforderte: „Treten Sie sofort zurück, bevor Sie ein administratives Aleppo hinterlassen.“

Nein, Bayerns SPD geht es derzeit wirklich nicht gut. Selbst die Landtags-CSU, die sonst nicht für ein Übermaß an Empathie bekannt ist, lässt sich schon zu Mitleidsbekundungen hinreißen. Da leide er direkt mit, sagte etwa Exparteichef Erwin Huber angesichts des Umfragetiefs vor wenigen Tagen der Süddeutschen Zeitung. Die SPD-Fraktion befindet sich derzeit auf Klausur im Allgäu. Am Dienstag hatten die Genossen Kardinal Reinhard Marx zu Besuch. Zumindest für geistlichen Beistand ist gesorgt. Dominik Baur