Wochenschnack
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Steinmeier schulzt nicht

Oberster Vertreter Der neue Bundespräsident löst unter taz-LeserInnen keine große Begeisterung aus. Es gibt einiges, was sie ihm nicht verzeihen

Der Miterfinder von Hartz IV im Glück Foto: reuters

Parteisoldaten

betr.: „Steinmeier gewinnt eine Wahl“, taz vom 13. 2. 17

Schade, dass nicht Miraculix zur Wahl stand. Auch kein anderer Vertreter einer kleinen Demokratie gegen das Imperium. Parteisoldaten hat Gallien nicht gewollt. Mit Ströbele haben Sie, Pascal Beucker, jemanden zitiert, der immerhin ein Direktmandat hat. Danke dafür. Schön, dass da jemand zu Wort kommt, der keiner Partei verpflichtet scheint. Wie allerdings Stefan Reinecke darauf kommt, dass 90 Prozent demokratische Parteien wählen, ist mir ein Rätsel. Wenn Sie damit meinen, dass die Partei der Nichtwähler die größte demokratische Partei sei, haben sie allerdings recht. (Es wäre ein schönes Signal, wenn die taz sich wieder für außerparlamentarische Bewegungen interessieren würde.)

Steinmeier wird sicher nicht der schlechteste Bundespräsident. Aber hat Deutschland nicht den Besten verdient? Vielleicht jemanden, der nicht politisch (mit der Agenda 2010) belastet ist, jemanden, der über den Dingen steht? Einen Präsidenten für das Ende der Umverteilung von fleißig zu reich, für die Zukunft? Norbert Voß,Berlin

Schutz der Alten

betr.: „Steinmeier gewinnt eine Wahl“, taz vom 13. 2. 17

Es ist zu hoffen, dass Steinmeier, der im Kuratorium für HelpAge sitzt, nicht nur seinen Namen geben wollte, sondern den Schutz der Altenrechte zum Thema macht. Das ist das, was wir mit „demografischem Faktor und Wandel“ bezeichnen und das wenig Emotionen weckt. Neben der Fremdenfeindlichkeit, dem Hass, ist die Gleichgültigkeit das, was doch eigentlich die schlimmsten Missstände hervorruft. Die wenigsten hassen. Es geht vielen vieles am Arsch vorbei. Falls wir mal neben dem Umweltministerium – Klimawandel – wenigstens einen Altenbeauftragten haben sollten, dann muss der aber nicht eine Million dafür ausgeben, um Altenregeln zu dichten. Ich mache es umsonst:

Ob Hängetitten, Schrumpelklöten, Pflege ist auch dann vonnöten.

Martina Lenzen, München

GroKo kommt

betr.: „Klatsche für Merkel“, taz vom 13. 2. 17

Jetzt ist es sicher! Die CDU hat mit der Wahl von F.-W. Steinmeier geliefert und auf eigene, besser geeignete Kandidaten (zum Beispiel Christian Wulff) verzichtet! Jetzt ist die SPD dran und wird Angie wieder zur Macht verhelfen. Und die SPD wird ihr Versprechen aus den Geheimverhandlungen einhalten und liefern, also zur Kanzlerinmacherin werden!

Die einzig spannende Frage ist nur noch, welches Ministerium Martin Schulz noch neben dem Vizekanzlerposten bekommt. Muss Frau Zypries zurück auf den Posten der Staatssekretärin? Vielleicht erhält die SPD auch ein Ministerium extra.

Rainer R. Räthe, Potsdam

Das macht Mut

betr.: „Klatsche für Merkel“, taz vom 13. 2. 17

Diesmal ganz und gar keine Klatsche. Klatschen gab es für Merkel durch die zwei Präsidenten vor ­Joachim Gauck. Die Fundamentalopposition in den eigenen Reihen machte es diesmal doppelt schwer, eigenen Unions-Ansprüchen zu genügen. So hat auch die Kandidatur Steinmeiers nicht ausgereicht, offenen Dissens zu beenden, es bedurfte Gabriels Verzicht. Trotzdem ein gelungener Festakt, der Mut macht. Klaus Warzecha,Wiesbaden

Teure Politikshow

betr.: „Klatsche für Merkel“, taz vom 13. 2. 17

Die Wahl des Bundespräsidenten verkommt zur Farce. Bereits im Vorfeld der viel bejubelten Wahl des höchsten Amts im Staate haben sich CDU/CSU und SPD zähneknirschend auf einen Kandidaten geeinigt, und ihre komfortable Mehrheit im Bundesrat sichert diese Kür ab. Die 630 Bürgerinnen und Bürger aus den Bundesländern, die mit den geborenen Mitgliedern des Bundestags in der Bundesversammlung stimmen, wurden durch die etablierten Parteien ausgewählt, und so ist man sich des Sieges gewiss. Die SPD hat mal gleich am Vorabend den neuen Präsidenten über­schwäng­lich gefeiert und von einem sozialdemokratischen Schlossherren im Bellevue getwittert.

Das Ganze ist eine teure Politikshow für ein Amt ohne wirkliche Bedeutung. Raimon Brete,Chemnitz

Schlechter Politikstil

betr.: „Steinmeier gewinnt eine Wahl“, taz vom 13. 2. 17

Ich halte die Wahl von Herrn Steinmeier zum Bundespräsidenten für keine gute Entscheidung! Mir wäre Herr Butterwegge, der als anerkannter Politikwissenschaftler und Armutsforscher gilt, viel lieber gewesen. Nun haben es die Politikereliten wieder einmal unter sich ausgemacht und einen Mann ins Amt gebracht, der nicht gerade für einen guten Politikstil oder gar Gerechtigkeit und Menschlichkeit steht. Ich erinnere nur an die Tätigkeit von Herrn Steinmeier als Chef des Bundeskanzleramtes, der nicht nur die Hartz-IV-Gesetzgebung voll mitgetragen, sondern sich auch gegen die Freilassung des Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz ausgesprochen hat. Die USA wollten Kurnaz im Jahre 2002 freilassen, weil er unschuldig war und kein Sicherheitsrisiko darstellte, doch Herr Steinmeier kümmerte sich nicht um den Fall. Vier Jahre lang saß Kurnaz unschuldig im Guantánamo-Gefängnis, dann kam er frei und hat sich seitdem in der Bundesrepublik nichts zuschulden kommen lassen. Diese politische Fehlentscheidung hat Herr Steinmeier alleine zu verantworten.

Wir Bürger sollten uns nicht von schönen Worten, auch wenn sie noch so geschliffen und diplomatisch klingen, einlullen lassen. Letztlich zählen immer die Taten, an denen wir Politiker messen sollten! Thomas Henschke, Berlin

Duell der Großen

betr.: „Klatsche für Merkel“, taz vom 13. 2. 17

Einen Abschnitt in Georg Löwischs Kommentar lohnt es, noch mal besonders herauszustellen. Die Wahl sollte nicht nur ein Fingerzeig für die Grünen gewesen sein, sondern ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Die Partei ist auf dem besten Wege, die Bundestagswahl zu „versemmeln“, versunken in der Bedeutungslosigkeit beim anstehenden Duell zwischen den Großen, Merkel-CDU und Schulz-SPD.

Wo bleiben denn die grünen Inhalte, für die angeblich ein unabhängiger selbstbewusster Wahlkampf gemacht werden soll? Kohleausstieg und möglichst schnelle Energiewende, ökologische Landwirtschaft und Schutz der biologischen Diversität, Erhöhung der Hartz-IV-Sätze, menschenwürdige Asyl- und Flüchtlingspolitik – ist das alles vergessen? Haben Abschiebungen nach Afghanistan und die Zusammenarbeit mit Diktatoren in Afrika, Libyen, Eritrea, Sudan, um nur die schlimmsten zu nennen, keine Bedeutung? Was ist mit dem Fall Kurnaz, bei dem der neue Bundespräsident sich bis heute nicht entschuldigt hat?

Sich hinter dem SPD-Kandidaten zu versammeln, ist ein Armutszeugnis sondergleichen, auch gegenüber den Linken. Dabei gibt es unter den Grünen oder im Umfeld genügend Persönlichkeiten von Statur. Daniel Cohn-Bendit wäre nur eine davon gewesen, die auch noch bedeutend mitreißender reden kann. Markus Steuernagel, Frankfurt am Main