„Rot-Rot-Grün erhöht den Druck auf die Immobilien- spekulanten, endlich“

Das bleibt von der Woche Die Linke veröffentlicht eine vielsagende Studie über das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen, das Personalpronomen „icke“ wird in den Duden aufgenommen, der Anschlag auf Borussia Dortmund ist auch in der Hauptstadt ein Thema, und der Senat steckt Milliarden in die maroden Schulen

Spekulanten
am
Pranger

Deutsche Wohnen

Also, bitte mehr solcher Gutachten! Und nicht nachlassen beim Gegenpressing

Ist da etwa Verunsicherung in der Immobilienbranche zu spüren? Vermieteranwälte werfen dem grünen Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, vor, hart an der Grenze der Legalität zu segeln, wenn er Eigentümer vorsorglich auf die Möglichkeit des bezirklichen Vorkaufsrechts hinweist. Und vor einiger Zeit war der Vorstand der Deutschen Wohnen gar nicht erst zu einer Anhörung im Abgeordnetenhaus erschienen. Aus Bammel, da gegrillt zu werden?

Rot-Rot-Grün erhöht den Druck auf die Immobilienspekulanten, endlich. Doch von einer Waffengleichheit zwischen Politik und Immobilienwirtschaft kann noch lange nicht gesprochen werden. Das hat auch ein Gutachten gezeigt, dass die Fraktionen der Linken im Bundestag und im Berliner Abgeordnetenhaus am Montag vorgestellt haben.

Der Gutachter Heinz Bontrup, Öko­no­mieprofessor an der Westfälischen Hochschule, hat darin die Bilanzen der Deutschen Wohnen untersucht, des mit 107.000 Wohnungen größten privaten Wohnungsunternehmens Berlins. Und er kommt zu dem Schluss, dass die Dividende, die die Aktiengesellschaft ausgeschüttet hat, zuletzt um 23 Prozent gestiegen sei. Sein Fazit: „Eine derartig weit überzogene Ausschüttungspolitik lässt sich nur unter einer weiterverfolgten aggressiven Mietsteigerungs­politik bei gleichzeitiger geringer Instandhaltung der Wohnungsbestände und trotzdem erhöhter Mietnebenkosten-Abrechnungen umsetzen.“

Der Passus ist hier deshalb so ausführlich zitiert, weil es nach wie vor nicht die Politik ist, die Agendasetting betreibt; es sind die Investoren in Betongold.

Doch neben dem, was R2G an Realpolitik betreibt (Ausweitung der Milieuschutzgebiete, Vorkaufsrecht etc.) gibt es noch eine zweite Ebene – die Delegitimierung der Profiteure. Man kann es auch so sagen: Wer foult, steht neuerdings wieder am Pranger. Und je mehr die erfolgreichen Beispiele von Widerstand gegen Verdrängung Schule machen, desto nervöser wird der ein oder andere der Betongoldgräber.

Also, Linke und auch Grüne, bitte mehr solcher Gutachten! Und nicht nachlassen beim Gegenpressing. Uwe Rada

Wurde ja ooch ma Szeit!

"Icke" nun im Duden

Ditt Berlinerische is übrijens ja keen Dialekt, sondern ein Metrolekt nemich

Icke kommt in den Duden. Hamse mir jefracht, fällt dir dazu watt ein? Klaro fällt ma watt ein! Wurde ja ooch ma Szeit! Ditt fällt ma ein. Jwd is schon drinne und Kiez ooch, obwohl ick, unter uns Betschwestern, janich weeß, ob Kiez überhaupt berlinerisch is. Ick kenne Kiez nämlich nur aus Hamburg. Da jing man uffn Kiez feiern und meinte damit die Reeperbahn. Bei uns ßuhause in Prenzlauer Berg hieß ditt Fürtl. Bözzofürtl, LSD-Fürtl, Kollwitzplatz. Einklich Kolle. LSD wa ne Abküzzung für die drei Straßen, die zum Helmholtzplatz führn: Lychna, Schliemann, Duncka. Ditt Wort Kiez hörte ick dafür ditt erste Ma von unsern Nachbar ausn Westen. Die Westberlina berlinern ja janich richtich. Die findn ditt unfein. Bei uns in Ostn galt ditt als sprachlicha Widerstand jejen die sächselnde Obrichkeit.

Bei Lichte besehn is ditt Berlinerische oder Berlinische übrijens ja keen Dialekt, sondern ein Metrolekt nemich. Wejen Metropole. Uff Deutsch: Sprach­eintopf. N Haufen Leute von übaall kommt nach Berlin und schmeißt sein Zeuch mit in die Suppe. Mittlaweile sare sojar icke manchma schon fürtl vor ßehn statt dreifürtl ßehne, weil ein ja sons keena mehr vasteht.

Der Berlina Schriftstella Thilo Bock hat jetz mit Wilfried Ihrig und Ulrich Janetzki ein janz wundavolln Jedichtband rausjebracht. „Ick kieke, staune, wundre mir …“ (Die Andere Bibliothek) heißta. Mit lauta berlinische Jedichte drinne von 1830 bis heute. Von Fontane bis Ahne.

Die könn wa jetz alle ma auswendich lern als Hausaufgabe, und denn klappt ditt ooch wieda mitte Vaständjung. Hiern Klassika:

Ick sitze da un esse Klops.

Uff eemal kloppt’s.

Ick kieke, staune, wundre mir,

Uff eemal jeht se uff, de Tür.

Nanu, denk ick, ick denk, nanu,

Jetzt is se uff, erst war se zu?

Un ick jeh raus un kieke,

Un wer steht draußen? – Icke!

Lea Streisand

Keine Sache der Innenstädte

Anschlag in Dortmund

Dortmund hat gezeigt, dass man den Terror nicht im Vorort aussitzen kann

Es war alles schon schlimm genug. Ein Anschlag in der eigenen Stadt, nicht London, Rio, Tokio – nein, in Berlin. Und dort, wo man Heimeligkeit im Rummel der Großstadt wähnte, auf dem Weihnachtsmarkt. Aber gut, dann halt nicht mehr hin zu großen Menschenmengen, Rad fahren statt U-Bahn, CD zu Hause statt Konzert, Freizeit draußen im Vorort, weit weg vom Anschlagsziel City.

Seitdem die Staatsanwaltschaft am Mittwoch von einem terroristischen Hintergrund beim Anschlag auf den Fußballklub BVB gesprochen hat, stimmt dieses so mühselig zusammengebastelte Bild nicht mehr. Wenn dort, an einem Waldrand im Süden von Dortmund, schwach besiedelt, ein Attentat passieren kann, dann überall, dann auch in Grunewald, Frohnau, Britz oder Kladow.

Dort, wo der Bus der Dortmunder Fußballer attackiert wurde, die gerade zum Champions-League-Spiel ins Stadion fahren wollten, sagen sich sprichwörtlich Fuchs und Hase gute Nacht. Als gefährlich galt in der Nähe nur die sogenannte Todesbahn, eine berüchtigte Rodelstrecke steil einen Weg im Niederhofener Wald runter. Eine abgelegene und deshalb schon vor Jahrzehnten aufgegebene Jugendherberge gab e­s da mal, dann das Trainingszentrum eines Rennradteams, bis es vor einigen Jahren das Wellnesshotel wurde, das nun den BVB beherbergte.

Wenn so abgelegene Orte Anschlagsziele werden, dann ist endgültig klar, dass es keine absolut sicheren Rückzugsrefugien mehr gibt. Dass es nicht (mehr) möglich ist, die Tür zuzumachen und all das Schreckliche auszuschließen. Kommt, Herr Frodo, lasst uns heimgehen ins Auenland, da sei man sicher, sagt Sam ­Gamdschie in „Der Herr der Ringe“, als die Lage der beiden immer verzweifelter wird. Nein, sagt Frodo sinngemäß, das gehe nicht, sicher sei da gar nichts mehr – wenn sie scheiterten, gehe auch das Auenland unter.

Es ist eine gruselige Einsicht, aber diese Frodo-Worte treffen es. Dortmund hat gezeigt, dass sich die Attentate nicht auf Innenstädte beschränken, dass man den Terror leider nicht im Vorort aussitzen kann.

Stefan Alberti

Schönheit, die von innen kommt

Schulneubauten

Viele Berliner Schulgebäude stammen aus dem vorletzten Jahrhundert

5,5 Milliarden Euro will der Senat in den kommenden zehn Jahren in die sogenannte Schulbauoffensive stecken. Dabei sollen nicht nur neue Schulen gebaut, sondern auch bestehende saniert und erweitert werden, kündigten ­Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Dienstag an. Mit 70.000 zusätzlichen SchülerInnen rechnet die Verwaltung bis 2024. Dass mehr Schulplätze, Lehrkräfte und Gebäude gebraucht werden, ist schon länger bekannt.

Und eigentlich sind das auch die Schulbaupläne: Der damals wie heute Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte sie schon im vergangenen Juli – im Wahlkampf – versprochen, ebenso die 5,5 Milliarden Euro dafür. Was ist also neu an Lompschers und Scheeres’ Plänen?

Es ist ein Halbsatz, der den Unterschied macht: Während Müller vor neun Monaten mit Blick auf Bauzeiten und -kosten noch verkündete, Architekturpreise müsse man mit den neuen Schulen schließlich nicht gewinnen, geht es in der gestern veröffentlichten gemeinsamen Presseerklärung von Scheeres und Lompscher ausdrücklich um „ausreichend Schulplätze und ein gutes Lernumfeld“.

Der Tagesspiegel verriet bereits im Februar Details der Neubaupläne, in denen sich Lern- und Nutzräume um Gemeinschaftsflächen gruppieren, unterschiedliche Raumgrößen, Ruhe- und Therapieräume, Küchen, Werkstätten zur Grundausstattung gehören. Auch für NachbarInnen sollen die neuen Gebäude nutzbar sein, etwa die Schulbibliothek.

Kinder und Jugendliche verbringen einen Großteil ihrer Lebenszeit in Schulen, mit der wachsenden Zahl von Ganztagsschulen werden es noch mehr. Viele der heute noch genutzten Schulgebäude stammen aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert. Ihre Architektur spiegelt pädagogische Methoden ihrer Zeit wider: Autorität, Druck, Einschüchterung. Kein „gutes Lernumfeld“. SchülerInnen sollten sich in ihrem zweiten Zuhause wohl, frei und sicher – eben zu Hause – fühlen. Dann können sie entspannt und freiwillig lernen.

Es wäre für Berlins Kinder und Lehrpersonal also viel gewonnen, könnten Scheeres und Lompscher ihre Pläne umsetzen. Ein Punkt in ihrem Plan lässt ein wenig zweifeln: Die beiden wollen die Bauzeit für Schulen – bislang bis zu zehn Jahre – halbieren. Bleibt zu hoffen, dass das dem ersten Ziel keinen Abbruch tut. Alke Wierth