Normale Bestechung: 2,6 Milliarden Strafe

Korruption Brasilianischer Baukonzern Odebrecht zahlt Rekordstrafe. Ermittlungen gegen 60 Politiker

RIO DE JANEIRO taz | Jetzt ist es rechtskräftig: Der brasilianische Baukonzern Odebrecht muss wegen Schmiergeldzahlungen 2,6 Milliarden US-Dollar Strafe zahlen. Der Löwenanteil der Summe geht an Brasilien, jeweils rund 100 Millionen an die Schweiz und die USA, weil dort Banken und Konten genutzt wurden. Laut US-Justiz ist es die größte Summe, die jemals in einem internationalen Korruptionsprozess als Vergleich vereinbart worden ist.

Das Urteil des New Yorker Bundesrichters Raymond Dearie gibt Odebrecht 30 Jahre Zeit, die Strafe abzuzahlen. Bereits Ende Dezember gab es eine Einigung, nachdem das Bauunternehmen eingeräumt hatte, knapp 800 Millionen US-Dollar Bestechungsgeld an Politiker in zwölf Staaten gezahlt zu haben. Die vorgesehene Strafe von 3,5 Milliarden US-Dollar wurde nun abgesenkt. Denn Odebrecht konnte nicht mehr zahlen, weil als Folge des Skandals die Aufträge zurückgegangen sind.

Der brasilianische Baugigant hatte Regierungspolitiker und Parlamentarier geschmiert, um wohlwollende Gesetze oder lukrative Aufträge zu erreichen. Im Fall Odebrecht kommen amtierende und ehemalige Präsidenten in Peru, Kolumbien und anderen Staaten des Kontinents bereits unter Druck. In Brasilien hat der Skandal eine Krise ausgelöst, nachdem ehemalige Odebrecht-Manager in Kronzeugenaussagen fast die gesamte politische Klasse als Mittäter bezichtigen. Gegen acht Minister sowie über 60 Senatoren und Abgeordnete leitete der Oberste Gerichtshof vergangene Woche Ermittlungen ein. Auch Präsident Michel Temer gerät trotz Immunität unter Druck, da er laut Kronzeugen bei einem Treffen dabei war, auf dem eine Wahlkampfspende von Odebrecht in Höhe von 40 Millionen US-Dollar an seine Partei PMDB ausgekungelt wurde. Insgesamt soll Odebrecht über 3 Milliarden US-Dollar in Brasiliens Politik investiert haben.

Das Geschäft war offenbar gang und gäbe. Odebrecht hatte eine eigene Abteilung nur für Schmiergeldzahlungen. Parteienfinanzierung und illegale Spenden sind im ganzen politischen Spektrum üblich. Unternehmenspatriarch Emílio Odebrecht nannte diese Praxis ­„institutionalisierte Geschäfte“. Politiker, Unternehmer und auch die Presse wüssten dies seit über 30 Jahren. Odebrecht fragte, warum all diese Fakten erst jetzt bekannt und skandalträchtig veröffentlicht würden.

Andreas Behn