Taktisch und technisch unterlegen

TURBINE Lange standen die Potsdamerinnen an der Tabellenspitze. Die Hoffnung auf einen Platz in der Champions League war groß und ist auch nach der Niederlage von Sonntag noch nicht ganz verloren. Doch gegen Topteams wie Bayern kommt Turbine nicht an

Von links nach rechts: Melanie Behringer (FC Bayern München), Sarah Zadrazil (Turbine Potsdam), Nicole Rosler (FC Bayern München) Foto: imago

Als Halbfinale hatten die Gäste aus München die Partie ausgerufen, als Showdown um die Champions-League-Qualifikation. Am Ende war es eine Demonstration der Macht aus München. Mit 4:0 spielten die Bayerinnen im Karl-Liebknecht-Stadion Turbine Potsdam in Grund und Boden. Leichtfüßig verdrängten sie die Potsdamerinnen vom zweiten Platz – nicht nur eine Vorentscheidung, sondern ein Zurechtrücken der Kräfteverhältnisse. Wolfsburg und München oben, die Revolution verschoben, alles ist, wie es war. 3.400 Zuschauer waren gekommen, um das Saison-Highlight zu sehen: der Tabellenzweite Potsdam gegen den Tabellendritten einen Spieltag vor Schluss, ein Punkt Unterschied zwischen beiden Teams und ein Champions-League-Platz zu vergeben, großes Kino im beschaulichen Babelsberg. Und die zweite Chance auf eine Show für Turbine nach dem Duell um die Meisterschaft in der Vorwoche, das man auch deutlich verlor, mit 1:3 gegen die Wolfsburgerinnen. Die Mannschaft von Matthias Rudolph hat ihre Grenzen zu spüren bekommen.

„Wir sind mit einer gehörigen Portion Respekt nach Potsdam gekommen“, sagte Bayern-Trainer Thomas Wörle nach der Partie. Nicht ohne Grund: Turbine Potsdam hat eine überragende Saison gespielt, „sehr stabil und geschlossen“, so Wörle. Von Zusammenhalt und Kampf lebte das Team vor allem, nicht so sehr von Einzelkönnerinnen, aber auch spielerisch sah der neue Potsdamer Kombinationsfußball schön aus. Fast die gesamte Liga beeindruckte man so, stand lange an der Tabellenspitze. Gegen die Münchnerinnen reichte es nicht.

„Wir waren nicht aggressiv genug im Mittelfeld“, befand Turbine-Coach Matthias Rudolph hinterher, eine kleine Spitze gegen das körperbetonte Spiel der Bayern-Frauen, die einige Karten kassierten. Aber das allein war es nicht: Taktisch, technisch, spielerisch und individuell waren die Münchnerinnen hoch überlegen. Das übliche Turbine-Spiel, das vor allem darauf fußt, lange Bälle auf Svenja Huth zu schlagen und mit viel Laufarbeit die gegnerische Abwehr zu Fehlern zu zwingen, funktionierte fast überall. Gegen die Topteams wie München und zuletzt gegen Wolfsburg funktionierte es jedoch nicht. Zu wenig variantenreich, zu leicht durchschaubar, zu rustikal. Die Potsdamerinnen wirkten chancen- und ideenlos.

So muss Turbine trotz großartiger Saison nach der Meisterschaft wohl auch die Hoffnung auf die Champions League beiseite legen. Im letzten Spiel müssten die Münchnerinnen verlieren, damit Potsdam noch eine Chance hat. In der wenig ausgeglichenen Bundesliga unwahrscheinlich. „Wir gucken, ob noch was geht, obwohl wir natürlich wissen, dass die Aussichten gering sind“, so Rudolph. Im schlechteren Fall könnten die Potsdamerinnen bei einer Niederlage noch auf Platz vier rutschen. Was allerdings nur für die eigenen Akten wichtig ist, ums internationale Geschäft geht es dabei nicht.

„Es ist eine ganz schwierige Situation für uns“, bilanzierte Rudolph. „Wir haben eine gute Saison gespielt und auf der Zielgeraden beide wichtigen Spiele verloren.“ Der dritte Platz, nach dem es derzeit aussieht, wäre bei aller Enttäuschung leistungsgerecht: Der Unterschied zu den Topkadern aus München und Wolfsburg war in den entscheidenden Momenten zu groß. Noch aber ist die Champions-League-Qualifikation nicht unmöglich. Vor allem für internationale Präsenz und Sponsoren wäre sie wichtig. Auch das letzte Saisonspiel wird also ein Endspiel. Allerdings eins, bei dem man auf Hilfe von München angewiesen ist. Alina Schwermer