Wieso Rocker und Rechtsextreme zusammen feiern
: Vermischte Szene

Foto: Jungsfoto: dpa

Wer am vergangenen Samstag gemeinsam mit Rockern und Rechtsextremen feiern wollte, war im Kuddels’Inn in Wahl­stedt genau richtig. Im Clubhaus der Bandido MC Northgate traten die rechten Bands „Kategorie C“ und „Hausverbot“ auf. Knapp 100 Anhänger von Rockerclubs und der rechten Szene von NPD bis zum verbotenen Netzwerk Blood & Honour (B&H) kamen. „Diese beiden Spektren arbeiten seit Jahren mehr und mehr zusammen“, sagt die Journalistin Andrea Röpke, die unter anderem für die taz über Neonazi-Strukturen berichtet. Röpke warnt schon länger vor dieser „militanten Mischszene“, aus Rockern und Rechtsextremen, die sich mit gemeinsamen Events gegenseitig stärken.

Auf ihrer Website hatte die Band Kategorie C um Hannes Ostendorf den Termin beworben, allerdings ohne den Ort genau anzugeben: Es hieß nur, dass sie live im Großraum Lübeck spielen und es am Tag der Veranstaltung ab zwölf Uhr über eine Handynummer mehr Infos gebe. Die Konzertbesucher wurden dann an zwei Punkten an der A21 und an der B206 gegen 17 Uhr abgeholt und zum Bandido-Clubhaus geleitet. Aufnahmen, die das Netzwerk Recherche Nord machte, belegen das.

Um 19 Uhr traf am Bandido-Clubhaus im Industriegebiet der schleswig-holsteinischen Gemeinde Wahlstedt dann auch eine schwer bewaffnete Spezialeinheit der Eutiner Polizei ein. Rund 50 Beamte sperrten eine Zufahrt zum Clubheim ab. Zu dieser Zeit waren viele Gäste aber bereits angereist, darunter etwa der Hamburger Freie Nationalist Thorsten de Vries, der 2015 in seiner Heimatstadt einen Hooligan-Aufmarsch angemeldet hatte.

Die Bilder von Recherche Nord zeigen auch Sven Johansson, der früher zum Umfeld von B&H gehörte und mittlerweile Mitglied des Rockerclubs Gremium MC ist, sowie Marco Eckert und Lars Bergeest vom neonazistisch-terroristischen Netzwerk Combat 18 (C18). Im vergangenen Jahr organisierten diese Beiden mit dem C18-Gründer Will Browning in Dortmund unter dem Namen „Tag der deutschen Zukunft“ einen großen Neonazi-Aufmarsch. Zu den prominenten Partygästen gehörten am Samstag aber die NPD-Kader Mark Michael Proch, Stadtrat in Neumünster und Jan Steffen Holthusen. Ein Who-is-Who der Szene also.

Die Verbindung zwischen Rechten und Rockern besteht in Schleswig-Holstein schon länger. Die rechten Szenegrößen Peter Borchert und Alexander Hardt haben vor Jahren die Kutte der Bandidos angezogen. Das Chapter Northgate bauten Ex-B&H-Leute auf und seit 2012 treffen sie sich im ehemaligen Wahlstedter Tanzcafé.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Die Polizei will erst kurzfristig von dem Rocker-Rechte-Event erfahren haben. Sie kontrollierten 25 Personen, stellten einen Baseballschläger und ein Einhandmesser sicher, wie eine Polizeisprecherin bestätigte. Neben Rockern seien unter den „Kontrollierten bekannte Rechtsextreme“ gewesen. Kurz vor 21 Uhr seien die Konzerte dann ohne „besondere Vorkommnisse“ zu Ende gegangen, sagte die Sprecherin.

„Es ist nicht das erste Kategorie C-Konzert in einem Clubhaus der Rocker“, sagt Röpke. „Und lange hat die Polizei das Phänomen als ‚Einzelfälle‘ heruntergespielt.“