Kolumne Über Ball und die Welt: Antisemitismus, na und?

Palästinensische Fußballvereine wollen jüdische „Siedlerclubs“ aus der FIFA werfen lassen. Doch der Verband enthält sich.

Zu sehen ist der Rumpf eines Manns, der ein Protestschild mit den Worten "Kick Israel out of FIFA" hält

Schon 2015 demonstrierten Palästinenser gegen die „Siedler-Clubs“ im Westjordanland Foto: imago/ZUMA Press

Die fußballpolitische Meldung, um die es in dieser Kolumne doch stets zu gehen hat, ist dieses Mal keine. Der weltberühmte Weltfußballverband, der so gerne Werbetafeln aufstellt, auf denen „No Racism“ steht, hat nämlich entschieden, nicht zu entscheiden. Der Antrag des Palästinensischen Fußballverbandes (PFA), seinen Nachbarn aus Israel (IFA) auszuschließen, steht beim Fifa-Kongress nicht auf der Agenda.

Das mögen Fußballbeobachter bedauern, die glauben, der Rauswurf Israels sei eine gute Sache, er diene dem Kampf gegen den Rassismus. Erstaunlicherweise ist jedoch die näherliegende Idee, dass der Ausschluss der Fußballer des jüdischen Staates aus dem weltweiten Spielbetrieb antisemitisch wäre, eine in Richtung Rassismus weisende Diskriminierung, kaum anzutreffen.

Schaumermal. Sechs israelische Fußballvereine, die auch in der Sprache der Nachrichtenagenturen gerne als „Siedlerklubs“ bezeichnet werden, kicken im israelischen Liga­betrieb mit, obwohl sie doch strenggenommen auf dem Territorium der Palästinensischen Autonomiebehörde, aus der irgendwann mal eine Republik Palästina hervorgehen soll, lokalisiert sind. Es sind Vereine, die sich in jüdischen Siedlungen im Westjordanland gebildet haben. Der Antrag der PFA bezieht sich auf den Passus der Fifa-Statuten, wonach Vereine nur auf dem Territorium eines anderen Verbandes spielen dürfen, wenn „dieser seine Zustimmung dazu gegeben hat“.

Nun sind Klubs, die in einer „fremden“ Liga spielen, so selten nicht: In Liechtenstein gibt es sieben Fußballvereine, aber der beste, der FC Vaduz, kickt in der Schweiz. Der nordirische Fußballverband ist sogar noch deutlich größer, aber Derry City schießt seine Tore in der Premier League der Republik Irland. Und erst in dieser Woche schied der AS Monaco aus der Champions League aus – ein Klub aus dem Fürstentum, der aber für die Französische Republik spielt.

Gut, könnte man sagen, da liegt wohl jeweils eine Zustimmung des Verbandes vor. Doch wurde seitens der PFA jemals in irgendeiner Weise signalisiert, dass sie Vereinen wie Beitar Ironi oder Hapoel Oranit wahlweise ein Angebot macht, mit ihrer Zustimmung im IFA-Betrieb zu spielen oder aber die Teams in den Ligen der PFA anzumelden? Nein, im Gegenteil. Erst in der vergangenen Woche wandten sich 170 palästinensische Fußballvereine an die Fifa, sie möge Israel endlich rausschmeißen; das seien nämlich „palästinensische Fußballrechte“. Es soll also quasi ein Menschenrecht sein, nicht erleben zu müssen, dass Kicker aus den – zu Recht sehr umstrittenen – Siedlungen über israelische Fußballplätze rennen? Es sei also ein Menschenrecht, dass solche Menschen keinen Sport treiben dürfen?

Hier werden nicht, was legitim wäre, eigene Rechte eingefordert. Es wird vielmehr explizit anderen das Recht auf Fußball abgesprochen. Die Forderung, die „Siedlerklubs“ rauszuwerfen, versteht sich selbst als Teil einer größeren Boykottbewegung gegen Israel. Es geht tatsächlich um Ausschluss, um Diskriminierung, um etwas, das man mit einem weiteren Begriff als Rassismus bezeichnen könnte, ja muss – nämlich gegen die jüdischen Fußballer. Und es ist wirklich nur sehr, sehr wenig übertrieben, festzustellen, dass es den Initiatoren dieses Antrags letztlich darum geht, dass Juden keinen Sport treiben dürfen.

Die palästinensischen Vereine appellieren an den „Ruf der Fifa als Champion der Menschenrechte“, so steht es in ihrem Brief. Dieser grandiose Champion hat sich nun entschieden, erst einmal nicht zu entscheiden. Das ist doch endlich einmal eine klare Botschaft, die jeder versteht: Die Fifa fühlt sich in Fragen der Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderer Diskriminierung schlicht nicht zuständig.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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