Luftverschmutzung durch Diesel-Abgase: Eine große Koalition für den Diesel

Der Fonds, der abgasgeplagte Kommunen unterstützen soll, wird auf eine Milliarde Euro aufgestockt. Damit werden Busse umgerüstet.

Demonstranten protestieren gegen die Diesel-Koalition

Ein ganz kleiner Protest gegen den Diesel vor dem Kanzleramt am Montag Foto: dpa

BERLIN taz | Im Kampf gegen überhöhte Stickoxidwerte bekommen die betroffenen Kommunen mehr Geld vom Bund. Der Fonds, aus dem die besonders belasteten Städte unterstützt werden, soll von 500 Millionen auf eine Milliarde Euro verdoppelt werden. Das ist das zentrale – und zugleich einzige – Ergebnis des zweiten Dieselgipfels, zu dem Angela Merkel am Montag zahlreiche Bürgermeister sowie Ministerpräsidenten und BundesministerInnen eingeladen hatte.

Während das beim ersten Gipfel angekündigte Geld jeweils zur Hälfte von der Autoindustrie und dem Bund kommen sollte, wird die nun verkündete Verdopplung allein vom Bund finanziert. Finanziert werden soll mit dem Geld zunächst eine Koordinierungsstelle, die die betroffenen Kommunen dann bei individuellen Maßnahmen unterstützt. Das könnte die Umrüstung von Bussen und Taxis auf schadstoffärmere Motoren sein, bessere Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge oder mehr Geld für Radwege. Details zur Verwendung blieben am Montag noch offen.

Moderne Busse können die strengen Stickoxid-Grenzwerte ebenso wie Lkws theoretisch einhalten. Nach Angaben des ökologischen Verkehrsclubs VCD erfüllen aber rund zwei Drittel der deutschen Busse sie bisher nicht und müssten nachgerüstet werden. Die Kosten dafür werden auf 150 bis 200 Millionen Euro geschätzt.

Die anwesenden Kommunalvertreter begrüßten zwar das zusätzliche Geld, bezweifelten allerdings zugleich, dass damit Fahrverbote in den Städten abgewendet werden können. „Es gibt noch gar keine vollelektrischen Busse“, sagte etwa Stuttgarts Bürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) betonte, in seiner Stadt stammten drei Viertel der Stickoxid-Emissionen von Diesel-Pkws, Busse trügen hingegen nur mit 4 Prozent zum Problem bei.

Doch an die Pkws, das wurde auch beim zweiten Dieselgipfel deutlich, traut sich keine Partei wirklich heran. „Wir haben festgestellt, dass wir alle pauschale Fahrverbote ablehnen“, sagte Merkel nach dem Treffen – und stieß damit tatsächlich auf breite Zustimmung auch bei Vertretern von SPD und Grünen. Selbst selektive Fahrverbote für besonders dreckige Diesel mittels einer neuen „blauen Plakette“, für die sich zahlreiche Bürgermeister ausgesprochen haben, stieß auf Ablehnung – nicht nur bei Merkel, sondern auch bei Sigmar Gabriel.

Außenminister Sigmar Gabriel

„Ich warne vor über-zogener Hoffnung indie Elektromobilität“

Der hatte in seiner Funktion als Vizekanzler am Gipfel teilgenommen und trat bei der anschließenden Pressekonferenz statt der für die SPD eigentlich zuständigen Umweltministerin Barbara Hendricks auf. Der Grund dafür wurde schnell klar: Während Hendricks für die blaue Plakette kämpft und auf Elektromobilität setzt, hielt Gabriel ein engagierte Plädoyer für den Diesel. „Ich warne vor überzogener Hoffnung in die Elektromobilität“, sagte der Außenminister. „Wir werden den Verbrennungsmotor als Brückentechnologie brauchen.“

Auch der von den Kommunen und Hendricks geforderten blauen Plakette erteilte Gabriel eine klare Absage. „Die blaue Plakette löst gar nichts“, erklärte er. Es handele sich dabei nur um ein „Fahrverbot unter einem anderen Titel“. Das wies das Umweltministerium zurück. Die Plakette sei ein „wichtiges Mittel für die Kommunen, emissionsarme von emissionsstärkeren Fahrzeugen zu unterscheiden“, sagte ein Sprecher der taz.

Umweltverbände kritisierten die Ergebnisse des Treffens scharf: „Der Mobilitätsfonds ist nicht mehr als ein Beruhigungsmittel in der heißen Wahlkampfzeit“, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Für den WWF kritisierte Klimaexperte Michael Schäfer, dass die Politik noch auf Jahrzehnte am Verbrennungsmotor festhält.

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