Hans-Böckler-Stiftung schlägt „Kapital für alle“ vor

Mittel gegen UngleichheitStaatsfonds soll in Wertpapiere investieren und Erträge ausschütten

Gewerkschaftsinstitut fordert höhere Steuern für Reiche

BERLIN taz | Ein „bedingungsloses Kapitaleinkommen“ für alle BundesbürgerInnen haben gewerkschaftsorientierte Ökonom*innen vorgeschlagen. Aus einem Staatsfonds könnten alle eine gewisse Summe monatlich erhalten, sagte Gustav Adolf Horn am Montag. Der Direktor des Instituts für Makroökonomie (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung sieht darin ein Mittel gegen die zunehmende Ungleichheit der Einkommen.

„Der Fonds könnte in Wertpapiere investieren und die Rendite jährlich zu gleichen Teilen an alle Bürger ausschütten“, so Horn. Die Überschüsse bei den Staatseinnahmen müsste ein vom Bund verwalteter Fonds das Geld in Aktien internationaler Unternehmen und Staatsanleihen anlegen. Hat sich genug Kapital angesammelt, ließe sich der jährliche Gewinn an die Bevölkerung verteilen.

Normalerweise kommen Kapitalgewinne nur einer schmalen Oberschicht zugute. Würde der Staat Steuereinnahmen investieren und die Gewinne später verteilen, profitierten auch Bürgerinnen, die sich keine Aktien leisten können. Der Vorschlag ist mit dem sogenannten Bedingungslosen Grundeinkommen aus Steuermitteln verwandt, das Horn jedoch ablehnt. Begründung: Diese Variante könnte dazu führen, dass zu viele aktuelle Sozialleistungen eingespart werden und die Renten der Mittelschicht sinken.

Unrealistisch ist die Idee des Kapitaleinkommens nicht. Norwegen hat mit seinen Einnahmen aus dem Nordseeöl einen Staatsfonds gefüllt, der mittlerweile gut 800 Milliarden Euro enthält. Allerdings dauert es ziemlich lange, solche Summen anzusparen. Wahrscheinlich wäre erst in mehreren Jahrzehnten genug Geld vorhanden, um aus den Zinsen regelmäßig nennenswerte Beträge an die Bundesbürger*innen zu überweisen. Eine weitere Frage ist, woher die Mittel kommen, wenn die bundesdeutschen Finanzminister keine Überschüsse mehr erwirtschaften. Deutschland hat ja keine Ölvorräte.

Als weitere Maßnahme gegen den wachsenden Abstand zwischen hohen und niedrigen Einkommen plädiert das IMK für die Reform der Grundsteuer auf Immobilien. Außerdem will man die Einkommensteuer für große Verdienste, den Mindestlohn und den Hartz-IV-Satz anheben. Diese Ansätze seien gerechtfertigt, weil die Einkommen des oberen Drittels der Bevölkerung seit 1991 überproportional gestiegen seien. Laut IMK sind sie um 17 Prozent gewachsen, die der Mittelschicht um 10 Prozent, die des ärmeren Drittels um 3 Prozent.

Hannes Koch

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