Portrait
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Helga Grebing: mit 87 Jahren verstorben Foto: picture alliance

Grand Dame der Genossen

Sie war die Doyenne der Geschichtsschreibung über die Arbeiterbewegung. Mit ihren Standardwerken prägte sie Generationen von Schülern und Studenten. Sie galt als die bedeutendste sozialdemokratische Historikerin. Jetzt ist Helga Grebing verstorben – nur einen Tag nach der historischen Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl.

Geboren in Berlin, stammte Grebing aus proletarischen Verhältnissen. Ihr Vater war Maurerpolier, ihre Mutter Fabrikarbeiterin und Verkäuferin. Nach der Volksschule besuchte Grebing die Handelsschule. 1947 machte sie ihr Abitur und studierte anschließend Geschichte, Germanistik, Philosophie und Staatsrecht zunächst an der Ostberliner Humboldt-Universität, dann an der Freien Universität in Westberlin. Der Wechsel hatte ideologische Gründe: Seit 1948 SPD-Mitglied, war ihr der Dogmatismus des Staatssozialismus zutiefst suspekt.

Als Professorin lehrte Grebing an den Universitäten von Frankfurt, Göttingen und schließlich Bochum, wo sie bis zu ihrer Emeritierung 1995 das „Institut zur Erforschung der Internationalen Arbeiterbewegung“ leitete. Dabei verstand sie sich als politische Wissenschaftlerin, der akademische Elfenbeinturm war ihre Sache nicht. So engagierte sich Grebing bis ins hohe Alter hinein in der Historischen Kommission und zeitweise auch in der Grundwertekommission der SPD. Mit ihr verliere die Sozialdemokratie „eine beeindruckende Persönlichkeit, die stets überzeugt war, dass eine Gesellschaft der Gleichen und Freien jenseits des Kapitalismus möglich und notwendig ist“, würdigte sie Exparteichef Sigmar Gabriel, der einst selbst bei ihr studiert hatte.

Am Montag ist Grebing im Alter von 87 Jahren in ihrer Geburtsstadt Berlin gestorben. Beigesetzt werden soll sie in München, wo auch ihre Lebensgefährtin Lucinde Sternberg begraben liegt. Pascal Beucker