Kito Nedo
schaut sich in Berlins Galerien um
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Das Licht in Galerien und Museen ist oft entweder viel zu kalt oder viel zu schummrig. Neuerdings zeichnet sich ein dritter Weg ab: Jede zusätzliche Beleuchtung – außer Tageslicht – wird einfach weggelassen. So macht es gerade der Künstler Michael E. Smith aus Detroit, der bei KOW in der Brunnenstraße ausstellt. Auch sonst regiert hier Sparsamkeit: keine Ausstellungstitel, keine Werktitel und auch keine erklärenden Texte. Trotz aller Kargheit wirkt Smiths Kunst, eine seltsame, minimalistische Objet-trouvé-Welt aus Präparaten (ein Ara-Papagei, Bullenhoden und ein getrockneter Imperator-Kaiserfisch) und Apparaten (Mikrowelle, Laser-Pointer, Luftentfeuchter, Nebelmaschine) nicht besonders kryptisch oder schroff. Im Gegenteil. Diese Schau ist auf verwirrende Weise poetisch, mitunter sogar trocken-humorig und auf Betrachtung fokussiert (bis 5. 11., Mi.–So., 12–18, Brunnenstr. 9).

Auch bei Isabella Bortolozzi gibt es derzeit kaum was zu sehen – der aus dem walisischen Cardiff stammende Künstler James Richards präsentiert unter dem Titel „Crumb Mahogany“ eine Soundcollage. (Wie weit muss man eine Robert-Crumb-Zeichnung in die Länge ziehen, bis sie der Maserung von Mahagoniholz ähnelt?) In den beiden Ausstellungsräumen der Galerie wurde eine Reihe länglicher Lautsprecher in Kopfhöhe installiert und ein schmuckloser grauer Teppich ausgelegt. Richards computergenerierte Soundinstallation schwingt zwischen Elegie und Sprödigkeit, ohne sich der einen oder anderen Seite jeweils ganz ergeben zu wollen. Genauso wichtig wie Ton und Nicht-Ton und deren Dauer oder das Wiederkehren bestimmter akustischer Motive im Loop erscheint das Verhältnis von hier und dort, Nähe und Ferne im Raum. Vermutlich wächst so dem eigentümlich langen und schmalen Bortolozzi-Verbindungskorridor, der am Galeriebüro vorbeiführt, in der Dramaturgie der Schau eine ganz entscheidende Stellung zu (bis 4. 11., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 61).

Geradezu schwelgerisch muss einem nun die Kunst von Paula Doepfner vorkommen, deren Werke derzeit in der Galerie Tanja Wagner zu sehen sind. Doepfner arbeitet unter anderem mit gebrochenem Sicherheitsglas, dessen besondere Stoß- und Schlagfestigkeit ja in diesen politisch und klimatisch turbulenten Zeiten sehr gefragt zu sein scheint. Zwischen die gesplitterten Scheiben montiert die Künstlerin getrocknete Pflanzen. Abstrakte Konzepte wie Entropie, wechselnde Energiezustände und die ewigen Kreisläufe des Organischen werden plastisch. So soll Herbstkunst sein (bis 28. 10., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Pohlstr. 64).