AfD im Bundestag: Sie kommen …

AfD-Abgeordnete wechseln vom Land- in den Bundestag, Mitarbeiter ziehen nach Berlin: Der Einzug der Rechten in den Bundestag wird Parlament und Hauptstadt verändern.

Hier werden bald auch AfDler sitzen: Bundesadler im Bundestag Foto: dpa

Wenn sich am kommenden Dienstag der Bundestag konstituiert, werden auch die 92 Abgeordeneten der AfD dabei sein. Das wird das Klima im Bundestag verändern – doch nicht nur das: Auch in der Stadt wird es sich bemerkbar machen, dass die rechtspopulistische Partei nun nicht mehr nur im Abgeordnetenhaus, sondern auch in diesem Parlament vertreten ist.

Da sind zuerst einmal die vier Berliner AfDler, die künftig im Bundestag sitzen werden: Beatrix von Storch, Gottfried Curio, Götz Frömming und Birgit Malsack-Winkemann. Sie repräsentieren unterschiedliche inhaltliche Profile innerhalb der Partei: Von Storch vertritt insbesondere christlich-fundamentalistische Positionen; Curios Hauptthema als Mitglied der Berliner AfD-Fraktion war die angebliche Islamisierung; Frömming schlägt moderatere Töne an und präsentiert sich als liberaler Exgrüner. Und Birgit Malsack-Winkemann ist einer größeren Öffentlichkeit bisher zwar kaum aufgefallen, hat auf Parteitagen aber schon bewiesen, dass sie sich auf flüchtlingsfeindliche Hetzreden versteht.

Es wird also interessant sein zu beobachten, welchen Parteiströmungen sich die Berliner Abgeordneten jeweils zuordnen. Von Storch etwa ist zwar für ihre extrem islamfeindlichen Positionen bekannt, kann mit dem völkisch-nationalistischen Flügel um den Thüringer Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke aber trotzdem wenig anfangen. Die mit Abstand bekannteste unter den vier Berliner Abgeordneten konnte sich vor zwei Wochen einen Sitz im Fraktionsvorstand sichern – wenn auch in mehreren Anläufen – und rief die Partei anschließend zur Einigkeit auf.

Wechsel auch im Abgeordnetenhaus

Weil zwei der Berliner außerdem schon vorher Mandate besaßen, geht das Stühlewechseln los: Statt Gottfried Curio wird künftig Tommy Tabor im Abgeordnetenhaus sitzen, ein als gemäßigt geltender Ex-CDUler, der bislang in der Spandauer Bezirksverordnetenversammlung war, wo dann ebenfalls ein Platz neu zu besetzen sein wird. Den Sitz von Beatrix von Storch im Europaparlament wird voraussichtlich Hugh Bronson übernehmen, für den dann wiederum ein Platz im Abgeordnetenhaus frei wird, auf den Sabine Gollombeck nachrückt, bislang Bezirksverordnete der AfD in Steglitz-Zehlendorf.

Mit Curio im Bundestag und Gollombeck im Abgeordnetenhaus wird der ohnehin bereits sehr einflussreiche Kreisverband Steglitz-Zehlendorf noch weiter gestärkt. Auch der Kreisverband Mitte könnte, wenn auch etwas indirekter, von der Bundestagswahl profitieren: In dessen Bezirk dürfte ein guter Teil der künftigen AfD-Abgeordneten sowie ihrer Mitarbeiter ziehen.

Überhaupt, die Mitarbeiter: 600 bis 900 könnten es insgesamt werden. Nicht alle von ihnen werden auch in Berlin wohnen, ein Großteil wird hier aber mindestens einen Zweitwohnsitz haben – auf einen Schlag wird die AfD in Berlin ihr Personal also deutlich vergrößern. Wen die vier Berliner Abgeordneten einstellen werden – und welche rechten Netzwerke also von diesen Einstellungen profitieren könnten –, ist bislang nicht bekannt. „Die Berliner AfD wird definitiv profitieren von den neuen Ressourcen, die der Bundestagseinzug beinhaltet, das gilt für Gelder, Räume und Personal“, sagt Vera Henßler vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz). Dazu gehören auch die Wahlkreisbüros, die die vier Berliner Abgeordneten eröffnen müssen, wenn sie die entsprechenden Gelder für Sach- und Personalkosten abgreifen wollen.

Einzug ist eine Zäsur

Mitarbeiter, Büros, Veranstaltungen: Mit dem Bundestagseinzug wird die AfD in Berlin deutlich präsenter werden. Das bedeutet auch, dass Berlin stärker als bisher zum Schauplatz von Protesten gegen die Partei werden wird – denn dort, wo die Partei räumlich greifbar wird, kann auch protestiert werden.

Los geht es damit schon an diesem Sonntag: Mit einer „Demo gegen Hass und Rassismus im Bundestag“ will ein breites Bündnis gegen den Bundestagseinzug der Partei protestieren. Initiator ist der Schriftsteller Ali Can, der selbst als Kind türkischer Eltern nach Deutschland kam und vergangenes Jahr eine „Hotline für besorgte Bürger“ ins Leben rief, um dem flüchtlingsfeindlichen Diskurs entgegenzuwirken. Die großen Kampagnenorganisationen Avaaz und Campact unterstützen die Demonstration ebenso wie bestehende Anti-rechts-Bündnisse wie Aufstehen gegen Rassismus oder die Kampagne Nationalismus ist keine Alternative. Auch der DGB, der Lesben- und Schwulenverband und die Amadeu Antonio Stiftung sind dabei.

Auch vor dem Einzug der AfD sei der Bundestag zwar „kein Hort des Antirassismus gewesen“, heißt es im Aufruf des Berliner Bündnisses gegen Rechts. Dennoch sei dieser Einzug eine Zäsur, die nicht schweigend hingenommen werden dürfe. Auch am Dienstag, wenn der Bundestag zur konstituierenden Sitzung zusammenkommt, soll mit einer Kundgebung protestiert werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.