Kommentar Chinas neue Außenpolitik: Traum und Albtraum

Chinas Blick richtet sich nicht mehr nach innen, sondern verfolgt außenpolitische Ziele. Zugute kommt dem Land die isolationistische Politik der USA.

Kampfflugzeuge und Besucher an Deck eines Schiffes

Machtanspruch: China baut seine Militärpräsenz aus Foto: dpa

Bislang galt für China die Dok­trin der Nichteinmischung, die der Reformpatriarch Deng Xiaoping Anfang der 1980er Jahre ausgegeben hatte. Er wollte nicht, dass sich sein Land in die Belange anderer Staaten einmischt. Umgekehrt sollte auch niemand von außen in die chinesischen Angelegenheiten hineinreden. Die düsteren Erfahrungen aus der Kolonialzeit wirkten noch nach. Dengs Vorgänger, Staatsgründer Mao Tsetung, hatte die Volksrepublik sogar komplett abgeschottet. Chinas amtierender Staats- und Parteichef Xi Jinping bricht nun mit dieser Doktrin.

Zum Auftakt des 19. Kongresses der Kommunistischen Partei hat Xi am Mittwoch eine Rede gehalten, an die sich die Welt noch lange erinnern dürfte. Er rief die fast 90 Millionen KP-Mitglieder auf, sich gegen jegliche ­Versuche zur Wehr zu setzen, die Führerschaft der Partei und die Einheit des Landes zu unterminieren.

Doch damit nicht genug. Er sprach von einer „neuen Ära“ und lobte explizit die von seiner Armee künstlich aufgeschütteten Inseln im umstrittenen Südchinesischen Meer. Xi kündigte zudem an, eine „Armee auf Weltklasseniveau“ aufzubauen.

Chinas Blick richtet sich nicht mehr nach innen, sondern verfolgt nun klare außenpolitische Ziele. Mit der von Xi initiierten Seidenstraßen-Initiative versucht er, den Einfluss seines Landes in Asien, Afrika bis hinauf nach Europa auszudehnen. Dass es dabei keineswegs nur um Handel geht, sondern um ­knallharte geopolitische Interessen, zeigt sich an Chinas immer stärker werdender Militärpräsenz in der Region.

Zugute kommt Xi die isolationistische Außenpolitik der USA unter Präsident Donald Trump. In Südostasien hat Trump bereits ein Vakuum hinterlassen. Im Nahen Osten droht Ähnliches. Xi erkennt darin die Chance, den Einfluss Chinas auszubauen. Der von ihm zu Amtsbeginn vor fünf Jahren propagierte „chinesische Traum“ – er wird nun Wirklichkeit. Der Albtraum für viele andere allerdings auch.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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