Zerstritten und extrem rechts

Im niedersächsischen Wahlkampf kämpft die AfD auch mit sich selbst. Parteimitglieder überziehen sich gegenseitig mit Anzeigen und Klagen. Für Ärger sorgt auch der Rechtsruck der Bundespartei

Die niedersächsische AfD-Spitzenkandidatin Dana Guth Foto: dpa

Von Andreas Speit, Hamburg

Machtkämpfe und Machenschaften: In Niedersachsen ist die AfD im Landtagswahlkampf weiterhin zerstritten. Zwölf Tage vor der Wahl entzog die Göttinger AfD-Kreistagsfraktion der Spitzenkandidatin Dana Guth das Vertrauen, wenige Tage später verließ der ehemalige Chef der AfD Ostfriesland, Holger Pieters, die Partei wegen ihrer Radikalisierung. Und jüngst fanden beim Landesvorsitzenden Armin Hampel Durchsuchungen wegen des Verdachts auf Betrug statt.

Am Montag hatte die Staatsanwaltschaft Lüneburg die Razzien in Hampels Wohnung und in der Landesgeschäftsstelle angeordnet. Die Ermittlungen soll eine Anzeige des früheren Landesschatzmeisters Bodo Suhren ausgelöst haben. Hampel habe Parteigelder abgezweigt. „Absurd“, sagt Hampel. Die Ermittlungen seinen ein „billiges Manöver, um der AfD zu schaden“. Die Staatsanwaltschaft erklärt indes, ein Teil des Vorwurfs sei schon widerlegt.

Vor Gericht will auch Spitzenkandidatin Guth Parteiinterna klären. Am 29. September hatte die Kreistagsfraktion sie ausgeschlossen. „Zu große Differenzen in der Zusammenarbeit“ hätten sie zu diesem Rauswurf veranlasst, sagte der Fraktionsvorsitzende Frank Rathemann. Guth sei ein „Alphatier“, „rechthaberisch und lautstark“. Die Rausgeworfene konterte, dass mit Rathemann keine „Sacharbeit“ möglich sei, und kündigte an, beim Verwaltungsgericht Göttingen Klage einzureichen.

Im August hatte sich Guth gegen Hampels Wunschkandidaten als Spitzenkandidatin durchgesetzt. Seit Monaten hatte Guth Hampel scharf angegriffen. In einer internen E-Mail, die der taz vorliegt, hielt sie ihm ein „vollständiges führungstechnisches Versagen“ vor. Verbandsmitglieder versuchten auch, Hampels Kandidatur für den Bundestag zu verhindern. Ohne Erfolg, über Listenplatz 1 kam er in den Bundestag.

Hampels Einfluss in der Bundespartei darf nicht unterschätzt werden. Er arbeitet eng mit dem Bundesvize Alexander Gauland zusammen. Mit diesem und Björn Höcke kam er bei einem Geheimtreffen auf die Idee, Alice Weidel und Gauland als Bundestags-Spitzenteam vorzuschlagen.

Der anhaltende Rechtstrend der AfD bewegte OstfrieslandChef Pieters, die Partei zu verlassen. „Gaulands rechtsnationale Ausfälle, Björn Höckes extrem völkische Umerziehungspolitik“, all das sei „ein absolutes No-Go“. Dieses Gedankengut werde in der AfD Niedersachsen von Hampel und Guth „vorsätzlich augenzwinkernd in Kauf genommen“, so Pieters. In den Wahlprognosen konnte die AfD dennoch leicht zulegen auf bis zu 8 Prozent.