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: Maltas Journalisten fordern Schutz der Pressefreiheit

Regierungschef Muscat lobt eine Million Euro für Aufklärung des Anschlags auf die Bloggerin Daphne Caruana aus – und erntet Misstrauen. Caruana hatte Korruptionsskandale aufgedeckt

Das Neue

Nach dem Mord an einer Bloggerin auf Malta bietet die Regierung 1 Million Euro für die Aufklärung des Anschlags. Die regierungskritische Journalistin Daphne Caruana Galizia war am vergangenen Montag durch eine Autobombe auf der Insel getötet worden. „Der Fall ist von außerordentlicher Bedeutung und verlangt außerordentliche Maßnahmen – der Gerechtigkeit muss Genüge getan werden, egal was es kostet“, erklärte die Regierung. Jeder, der relevante Informationen an die Behörden weitergebe, könne mit vollem Schutz rechnen. Bereits am Donnerstag hatte die Regierung bekannt gegeben, sich bei den Ermittlungen Hilfe aus dem Ausland zu holen. Niederländische Ermittlungsbehörden, das amerikanische FBI und die britische Polizeibehörde Scotland Yard sollen beteiligt werden.

Der Kontext

Caruana Galizia war eine der schärfsten Kritikerinnen des sozialdemokratischen Regierungschefs Joseph Muscat. Sie hatte unter anderem einen Skandal um die sogenannten Panama Papers aufgedeckt, bei denen es um ein internationales Netz von Geldwäsche und Korruption geht. Dabei beschuldigte sie auch Mitarbeiter und Familienmitglieder Muscats, Übersee-Briefkastenfirmen zu betreiben. „Wo du auch hinschaust, überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos“, schrieb Caruana Galizia zuletzt auf ihrem Blog. 20 Minuten später war die 53-Jährige tot.

Die Reaktionen

Die drei Söhne der Toten lehnen das Vorgehen des Regierungschefs ab. Sie seien „nicht an einer strafrechtlichen Verurteilung interessiert“, die nur denen in der Regierung nutze, die von dem „Mord an unserer Mutter profitieren“ und die dann sagen wollten, „der Gerechtigkeit wurde Genüge getan“, erklärten sie. Muscat habe sie um Zustimmung zu der Auslobung der Belohnung gebeten. „So kann er sie bekommen: Zeigen Sie politische Verantwortung und treten Sie zurück.“ Vor einem Rücktritt könne Muscat noch dafür sorgen, dass der Polizeichef und der Generalstaatsanwalt durch furchtlose Beamte ersetzt würden, die gegen „ihn und diejenigen, die er deckt“, ermittelten. Sie warfen Muscat vor, ihre Mutter „finanziell kaputt gemacht und so brutal und wirksam entmenschlicht“ zu haben, dass sie sich nicht mehr sicher gefühlt habe. Kürzlich hatte Muscat die Journalistin seine „größte Gegnerin“ genannt.

Die Konsequenz

Bürgerrechtsgruppen wollten in Maltas Hauptstadt Valletta am Sonntagnachmittag demonstrieren, um „als geeinte Nation“ gegen das tödliche Attentat zu stehen. Der Mitorganisator Michael Briguglio sagte, die Bevölkerung werde nicht länger eine kriminelle Unterwelt akzeptieren. Alle Zeitungen, Radio- und Fernsehsender sowie Onlinemedien brachten am Wochenende denselben Appell zur Verteidigung der Pressefreiheit. „Wir haben eine nationale Kampagne unter dem Motto: ‚Der Stift besiegt die Angst‘, sagte die Vorsitzende des maltesischen Journalismus-Instituts, Norma Saliba. Christian Jakob