heute in bremen
: „Noch nicht mal Zeit, etwas zu trinken“

Foto: privat

Ariane Müller, 62, seit 1981 Krankenschwester im Klinikum Bremen-Mitte, ist Sprecherin des Bremer Bündnisses für mehr Personal im Krankenhaus.

taz: Frau Müller, haben Sie gerade viel Stress auf Ihrer Arbeit als Krankenpflegerin?

Ariane Müller: Ich arbeite seit 1974 als Krankenschwester und habe das Gefühl, dass der Stress in den letzten Jahren durch Stellenabbau enorm zugenommen hat. Die Verweildauer der Patienten und Patientinnen im Krankenhaus ist kürzer geworden. Dadurch sind die Aufnahmen und Entlassungen häufiger, was eine größere Arbeitsbelastung für das Krankenhauspersonal bedeutet.

Ihr Bündnis setzt sich für mehr Personal im Krankenhaus ein. Warum gibt es einen so großen Fachkräftemangel?

Viele examinierte Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen bleiben heute nur wenige Jahre im Beruf oder reduzieren ihre Stunden, da die körperliche und psychische Belastung wie gesagt zugenommen hat. Dass die Arbeitsbedingungen nicht attraktiv sind, spricht sich natürlich herum. Deshalb beginnen immer weniger Menschen überhaupt eine solche Ausbildung.

Was fordert Ihr Bündnis?

Um einen besseren Personalschlüssel zu erlangen, braucht es fairere Arbeitsbedingungen. Wir fordern daher eine längere Einarbeitungszeit von neuem Personal, eine fest angestellte Praxisanleitung für jede Station, keine Nachtdienste, in denen man allein arbeitet und die Rente mit 60. Wir fordern, dass Gesundheit weiterhin ein Menschenrecht bleibt und nicht zu einer Ware degradiert wird. Das Gesundheitswesen muss deshalb in öffentlicher Hand sein und darf nicht wie ein Unternehmen geführt werden.

Was hat der Personalmangel für Auswirkungen im Krankenhausalltag?

Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus, Vortrag und Diskussion: 19 Uhr, Klinikum Bremen-Mitte, Betriebsratsgebäude

Die Folgen des Mangels sollen die Patienten und Patientinnen nicht zu spüren bekommen. Somit leidet vor allem das Personal unter den derzeitigen Strukturen. Es gibt Tage, an denen man keine Pause machen kann, von Zimmer zu Zimmer hetzt und noch nicht mal Zeit hat, etwas zu trinken. Häufig bekommt das Pflegepersonal mit der Zeit Rückenbeschwerden, da das Heben und Lagern von Patienten und Patientinnen mit der Dauer körperlich belastend ist.

Interview Paula Högermeyer