Baumfreunde lassen nicht locker

Die Bürger-Ini „Platanen am Deich“ will nicht wahrhaben, dass „ihre“ Bäume dem Hochwasserschutz zum Opfer fallen. Da half auch alles Reden des Umweltsenators beim Petitionsausschuss wenig

Von Simone Schnase

Zugegeben: Sie sind schön und prägen das Bild des Deichs, die 136 alten Platanen zwischen Eisenbahnbrücke und Piepe am Neustädter Weserufer. Aber an ihrer Fällung im Rahmen des Deichumbaus wird wohl kein Weg vorbeiführen. Doch die Bürgerinitiative (BI) „Platanen am Deich“ gibt nicht auf. Ihre Forderung nach Erhalt der Bäume wurde am gestrigen Freitag erneut im Petitionsausschuss der Bürgerschaft thematisiert – und Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) stand Rede und Antwort.

Von den Platanen ist ein guter Teil krank, das geht aus dem „Generalplan Küstenschutz: Umgang mit den Platanen auf der Stadtstrecke“ hervor. 55 Bäume sind von der sogenannten Massaria-Krankheit befallen, einem Pilz, der das Rindengewebe tötet und Holzfäule verursacht. Wegen der notwendigen Deich­erhöhung muss laut Gutachten zudem eine Spundwand in den Boden getrieben werden, was die Baumwurzeln schädigen würde. Und: Um die Deicharbeiten mit schwerem Gerät überhaupt durchführen zu können, müsste ein großer Teil der Baumkronen gekappt werden – die Folge wären massiv geschädigte Platanen. Zu diesem Ergebnis kam selbst der Experte und „Baumflüsterer“ Andreas Block-Daniel, der lange im Sinne der BI argumentiert hatte.

Die aber will sich damit nicht abfinden, wirft ihm vor, dass er sich von der Stadt habe „kaufen“ lassen. Andere Argumente sind für BI-Mitglied Olaf Dinné „pseudowissenschaftlich“. Im Juli erstatteten er und drei weitere BI-Mitglieder Strafanzeige gegen Lohse „wegen Beseitigens eines hochwirksamen LuftSchadstofffilters in Tateinheit mit Baumfrevel in der Bremer Neustadt unter Inkaufnahme von Toten“.

Im Petitionsausschuss wollte die BI von Lohse wissen, warum er bereits vor Abschluss der Machbarkeitsstudie zur Deicherhöhung ohne die Platanen geplant habe, warum er behauptet habe, diese Pläne seien „alternativlos“, obwohl die Studie auch Varianten beschreibe, die Hochwasserschutz mit Platanen gewährleiste. Sie wirft Lohse vor, gelogen zu haben und nicht sachlich, sondern politisch entschieden zu haben.

„Die Entscheidung kann der Senator gar nicht alleine fällen“, sagt Lohses Sprecher, Jens Tittmann. „Die Deputation hat die Möglichkeit gehabt und auch genutzt, sich mit der Machbarkeitsstudie zu beschäftigen und eigene Gutachten anzufordern – und hat das ja auch getan.“

Auch er habe sich durchaus mit der Variante befasst, die den Erhalt der Platanen vorsehe, sagte Lohse den rund 50 anwesenden PetentInnen. Aber die beinhalte, dass die Lebenserwartung der Platanen durch Spundwand, Kappungen und Staunässe so kurz sei, dass sich diese Variante schlicht nicht rechne. Der Erhalt der Bäume berge außerdem Risiken für die Deichsicherheit: „Und selbst, wenn wir bereit wären, das Risiko einzugehen, wäre der Unterhalt viel zu teuer.“ Nur wenige Platanen würden überhaupt die nächsten zehn bis 20 Jahre überleben, so Lohse: „Wir bauen das aber für hundert Jahre!“

Die BI scheint mittlerweile am gesamten Deichumbau zu zweifeln. „Der vorhandene Deich ist ja von Ihnen immer schlecht geredet worden“, sagte BI-Mitglied Wolfgang Meyer in Richtung Lohse. „Gibt es nicht Varianten, ihn zu stabilisieren?“ Dabei ist die Entscheidung längst gefallen: Über den Deichumbau haben die PolitikerInnen abgestimmt, eine Fachjury hat sich für einen Entwurf entschieden. In dem kommen übrigens ebenfalls Bäume am Deich vor – allerdings keine Platanen.