Kommentar Klimaziele und Jamaika: Abschied von der Provinz

Deutschland reduziert seine Treibhausgas-Schuld zu langsam, warnt die UNO. Hoffentlich hören die Jamaika-Verhandler den Schuss auch.

brrennender Schriftzug "CO2"

Es brennt – löst aber leider keinen Aktionismus aus Foto: dpa

Boah – jetzt verfolgt sogar die UNO die Jamaika-Verhandlungen in Deutschland!!

Kurz bevor sich die dunkelschwarz-schwarz-grün-gelben Sondierer am Mittwoch, am Donnerstag und am Freitag mit Themen wie Verkehr, Landwirtschaft, Klima und Umwelt befassen, sagt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP in einem Bericht: Wir reduzieren unsere Treibhausgas-Schuld zu langsam. Zu wenig! Menschenverachtend! Würde Deutschland sein selbstgestecktes Klimaziel von minus 40 Prozent bis 2020 gegenüber dem Gründungsjahr der Neuen Bundesrepublik einhalten, dann stiege in den nächsten 80 Jahren die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde um mindestens 3 Grad an. Wir müssen also mehr tun bei der Agrarwende, der Verkehrswende und der Konsumwende.

Die Klimawissenschaft warnt, dass oberhalb von 1,5 Grad Temperaturanstieg unser Wetter aus dem Takt gerät. Dann werden so genannte Kippelemente in Gang gesetzt, die eine Erderwärmung ganz automatisch weiter anheizen, ohne dass der Mensch den Prozess noch aufhalten könnte – etwa das Abtauen der Permafrostböden, unter denen derzeit milliardenfach Treibhausgas eingefroren ist oder das Absterben des Regenwalds im Amazonas-Becken, heute einer der größten Treibhausgasspeicher, bei dessen Vernichtung diese Gase wieder frei werden.

Die Weltwetterorganisation WMO hat gerade verkündet: 1,1 Grad sind schon erreicht. Jenseits von 1,5 Grad – mit einer wissenschaftlichen Sicherheit von 70 Prozent jenseits von 2 Grad – ist es dann egal, ob die Menschheit noch vernünftig wird: Die Klimaerwärmung würde automatisch ablaufen.

Könnte Deutschland sein selbstgestecktes Klimaziel von minus 40 Prozent bis 2020 einhalten, wären Wetterextreme wie Sturmtief Xavier also niedliche Kindergeschichten: Wesentlich extremeres Wetter würde die Tagesordnung bestimmen. Aber Deutschland hält sein selbstgestecktes Klimaziel ja nicht ein. Statt minus 40 Prozent sind wir zwei Jahre vor dem Zieldatum erst bei 27,5 Prozent – demselben Wert wie im Jahr 2009. Um das Ziel zu erreichen, müssten wir die Klimaschutz-Maßnahmen verfünffachen.

Natürlich wäre es provinziell zu glauben, die Vereinten Nationen würden die hiesigen Jamaika-Sondierungsgespräche verfolgen. Ebenso provinziell aber wäre, wenn die Sondierer weiter so machen würden wie die Merkel-Regierungen der letzten Jahre: Wer eine Regierung mit Zukunftsanspruch bauen will, der muss Klimaschutz jetzt ernsthaft ganz oben auf die politische Agenda setzen! Damit das Ziel bis 2020 nicht nur erreicht, sondern deutlich übertroffen wird.

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ist taz-Autor und Mitgründer des online-Magazins klimaretter.info, dass er neun Jahre lang als Chefredakteur leitete. Soeben wurde dem Magazin der Nachhaltigkeitspreis der Biobrauerei Neumarkter Lammsbräu verliehen.

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