Sarah Wiener Die Zutat
: Ein Frostliebhaber für Erwachsene

Foto: S. Wiener GmbH

So viele frische Wintergemüse haben wir in unseren Breitengraden nicht. Deswegen sollten wir ausnutzen, dass der Rosenkohl gerade jetzt und bis in den hohen Winter hinein Hochsaison hat. Erst nach dem ersten Frost entwickelt er eine feine Milde. Rosenkohl – auch Brüsseler Kohl oder, in Österreich, Kohlsprossen genannt – kann mehrere Frostnächte gut überstehen und als ganze Pflanze gut im Kalten überwintern.

Viele Kinder mögen ihn nicht wegen seiner Bitterstoffe und wegen des typischen Kohlgeruchs, der bei zu langem Kochen entsteht. Auch deswegen liegt der jährliche Rosenkohl-pro-Kopf-Verbrauch bei mageren 400 Gramm. Dabei kann ich nur raten, häufiger hineinzubeißen. Und das nicht nur, weil Kohlsprossen sehr viele Ballaststoffe, Eiweiße und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die sogar bestimmte krebsfördernde Stoffe wie Nitrosamine neu­tra­li­sieren können.

Rosenkohl ist einfach ein Feinschmeckergemüse! Vorausgesetzt man zerkocht ihn nicht. Länger als fünf bis sieben Minuten – bei geöffnetem Deckel – sollte es nicht dauern. Danach sollte man die Röschen sofort eiskalt abschrecken. Ich schneide nach dem Säubern den Strunk kreuzweise ein und gebe einen Teelöffel Natron für den Erhalt der grünen Farbe und die bessere Verdaulichkeit ins Kochwasser. Bei empfindlichem Magen kann man auch Fenchel oder Kümmelsamen hinzufügen.

Kleinere Portionen Kohlsprossen lassen sich auch roh verzehren. Dafür werden die Röschen fein gehobelt oder die Blätter einzeln vom Strunk geschält. Ich mische sie dann gern mit gerösteten Erdnüssen und Granatapfelkernen und einem Limettendressing, oder mache ein Senfdressing und verfeinere den Kohlsalat mit Äpfeln und Mandelblättern.

Die rohen Röschen halbiert, in einer heißen geölten Pfanne leicht kross gebraten und mit Sojasauce abgerundet, sind eine köstliche Gemüsebasis zu Reis und Nudeln. Als Auflauf mit (Süß-)Kartoffeln, Speck oder Gehacktem, mit einer Ei-Sahne-Sauce übergossen, essen selbst die meisten Kinder sehr gern davon. Hat man zu viel Rosenkohl daheim, kann man ihn auch gut in Öl einlegen … oder blanchiert einfrieren.

Die Köchin Sarah Wiener stellt hier jeden Monat eine ihrer Lieblings­zutaten vor.

Nur wie in den Siebzigern in Mehlsauce sollte man die armen Sprossen nicht ertränken, wenn man das kollektive Kohltrauma überwinden möchte. Das haben die wandelbaren Röschen einfach nicht verdient.