Jamaika ist tot,
es lebe Bayern

Nach dem Jamaika-Aus kann sich die CSU voll und ganz auf ihre Grabenkämpfe konzentrieren

Aus München Dominik Baur

Es war ein historischer Tag in Bayern: Am Montag wurde die Politik des Freistaats wieder ein Stück fränkischer. Was allerdings ausnahmsweise gar nichts mit Finanzminister Markus Söder zu tun hat. Um 11 Uhr nahm das bayerische Gesundheitsministerium seine neue Dienststelle in Nürnberg offiziell in Betrieb. Ein Schritt in Richtung Dezentralisierung der Staatsregierung. Und doch interessierte sich in der CSU kaum jemand dafür.

Denn die muss sich jetzt Gedanken machen, wie es nach dem Jamaika-Scheitern weitergeht – mit der Suche nach einer Bundesregierung, aber vor allem mit dem eigenen Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Der beriet sich am Montag in einer Telefonschalte mit dem CSU-Präsidium. Schmerzlich sei das Aus, soll es dort geheißen haben. Man hätte doch so einiges durchgesetzt, etwa die Mütterrente. Nun seien Neuwahlen am wahrscheinlichsten.

„Ich finde es schade“, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer. Und „dass die nächsten Wochen sehr, sehr schwierig werden – und vielleicht sogar keine Werbeveranstaltung für Parteipolitik“. Fraktionschef Thomas Kreuzer schloss eine Minderheitsregierung aus, Innenminister Joachim Herrmann fand eine solche Festlegung noch zu früh.

Der CSU-Vorstand wird sich am Donnerstag um 18 Uhr zur Krisensitzung treffen. Dort dürfte es zur Sache gehen, schließlich toben seit Wochen Stellvertreterkämpfe zwischen den Adjutanten von Seehofer und Söder. Jetzt müssen sich beide Lager wieder neu sortieren. Nur einem Seehofer, der als Gewinner aus den Jamaika-Verhandlungen zurückkommen würde, gab man noch eine politische Überlebenschance. Jetzt aber kommt Seehofer weder als Gewinner noch als Verlierer heim. Dass er von sich aus hinschmeißt – das trauen ihm die wenigsten zu. Solange der Kampf eine noch so kleine Aussicht auf Erfolg hat, kämpft ein Seehofer.

„Sie dürfen den Seehofer nicht unterschätzen“, sagt Werner Weidenfeld, Politikwissenschaftler aus München. „Das ist ja durchaus kein unbegabter Machtspieler. Sonst wäre er jetzt schon weg vom Fenster.“ Seehofer werde jetzt „in jeder freien Minute über die nächsten Schritte in seinem Machtspiel nachdenken“.

Ein Großteil der Landtagsfraktion indes hatte Seehofer zuletzt nur noch wohl oder übel toleriert. Schließlich war er „das Zugpferd schlechthin“, wie ihn Edmund Stoiber noch vor ein paar Monaten titulierte. Doch in letzter Zeit zog das Pferd nicht mehr so. Nur 38,8 Prozent der bayerischen Stimmen erhielt die CSU bei der Bundestagswahl. In einer jüngsten Umfrage kam die Partei nur auf 36 Prozent. Zum Vergleich: 2013 holte Seehofer für die CSU 47,7 Prozent, in Mandaten die absolute Mehrheit.

Zu der Personaldiskussion wollte sich in der CSU-Parteispitze am Montag indes niemand äußern. Nur die bayerische SPD meldete sich hierzu zu Wort: Seehofer müsse zurücktreten, forderte Parteichefin Natascha Kohnen.