Die CDU lockt und flötet

CDU-Chefin Merkel bietet der SPD Gespräche an, „ernsthaft, engagiert, redlich“. Die SPD sagt zu

Aus Berlin Anja Maier

Es seien „ganz besondere Zeiten“, sagt Angela Merkel am Montagmittag. Die geschäftsführende Bundeskanzlerin kommt gerade aus der Sitzung des CDU-Bundesvorstandes. Dort ging es um das „Wie weiter?“, nachdem vor Wochenfrist die Sondierungen mit CSU, FDP und Grünen überraschend an den Liberalen gescheitert waren.

„Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ – diese Lindner’sche Sentenz ist für die CDU-Chefin keine Option. Der Bundespräsident hat klargestellt, dass die gewählten Parteien sich gefälligst zusammenraufen sollen, weil er nicht an Neuwahlen denke. Merkel hält sich an Frank-Walter Steinmeiers Rat. Und so lockt und flötet sie nun Richtung Sozialdemokratie. Die Union sei bereit, mit der SPD Gespräche aufzunehmen – „ernsthaft, engagiert redlich“, sagt sie also am Montag. „Es gibt jetzt ein Gesprächsangebot, das meinen wir ernst.“ Auf die Frage, ob von einer möglichen Groko auch ein Aufbruchsignal ausgehen könnte, antwortet Merkel, es habe nach der Wahl zwei rechnerische Möglichkeiten für eine Regierung gegeben. Beide seien „gleich viel wert“. Es gehe um ein stabiles politisches Bündnis.

Dreieinhalb Kilometer entfernt tritt wenig später der SPD-Vorsitzende vor die Presse. Nachdem Martin Schulz und die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles vor einer Woche laut und deutlich erklärt hatten, die Sozialdemokraten stünden sicher nicht für eine Große Koalition zur Verfügung, vollzieht Schulz am Montag die Kehrtwende.

Der Parteivorstand billige, sagt Schulz, seine Entscheidung, die Einladung des Bundespräsidenten anzunehmen. Am Donnerstagabend kommen in dessen Amtssitz Angela Merkel, Horst Seehofer und Schulz zusammen. Letzterer versicherte, wenn es bei diesem Termin nicht zu „tierischem Stress und Krach zwischen allen Beteiligten“ komme, werde es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein weiteres Gespräch der Parteivorsitzenden geben – ohne Steinmeier, aber dafür mit SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles. „Keine Option ist vom Tisch“, schloss Schulz weder Neuwahlen noch die Bildung einer Minderheitsregierung gänzlich aus.

Vor Januar werden nun wohl keine Sondierungsgespräche geführt werden können. Die Bildung einer Bundesregierung könnte sich bis ins Frühjahr hinziehen. Ende kommender Woche findet erst einmal in Berlin der Parteitag der SPD statt. Das Treffen mit der Basis wird eine ernstzunehmende Stimmungsprobe für die Parteiführung um Martin Schulz. In der Woche darauf hält Horst Seehofers CSU ihren Parteitag ab. Auch er steht innerparteilich in der Kritik. Und die CDU? Hat ihren ebenfalls für Mitte Dezember geplanten Parteitag erst einmal abgesagt. Unnötig, mit der Basis über ungelegte Eier zu reden. Vorerst.