Todesstrafe droht

Aus Berlin entführter vietnamesischer Asylsuchender soll in Hanoi vor Gericht

Von Marina Mai

Der im vergangenen Sommer aus Berlin nach Hanoi entführte vietnamesische Expolitiker und Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh (taz berichtete) soll Anfang 2018 in Hanoi vor Gericht gestellt werden. Das sagte der Leiter des Hanoier Volksgerichts staatlichen vietnamesischen Zeitungen.

Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, die deutsche Botschaft und die Bundesregierung würden die Entwicklungen eng begleiten und beobachten und entsprechende Schlüsse für das bilaterale Verhältnis ziehen. Seit September genehmigt Deutschland keine neuen Entwicklungshilfeprojekte mehr für Vietnam.

Eigentlich hatte die Bundesregierung die Rückkehr des Entführten, zumindest aber einen Prozess mit internationalen Beobachtern gefordert. Ob solche zugelassen werden, ist unklar.

Opfer eines Machtkampfs

Thanh war Abgeordneter des vietnamesischen Parlaments, Vizechef einer Provinz im südvietnamesischen Mekongdelta sowie bis 2012 Chef eines staatlichen Unternehmens für Erdölfördertechnik. Im Herbst 2016 floh er nach Deutschland und beantragte hier Asyl. Ihm wird in Vietnam zur Last gelegt, während seiner Zeit bei dem Ölkonzern für Verluste von umgerechnet 125 Millionen Euro verantwortlich zu sein. Darauf steht in Vietnam im schlimmsten Fall die Todesstrafe. Die wurde laut vietnamesischen Angaben zwischen Juni 2013 und Juni 2016 an insgesamt 429 Menschen vollstreckt.

Thanh selbst und seine deutsche Anwältin Petra Schlagenhauf sehen den Entführten als Opfer eines innervietnamesischen Machtkampfs.