geht’s noch?
: Fragen aus dem Nichts

Wenn der Weltstar Diane Kruger in einem Film von Fatih Akin zum NSU-Komplex die Hauptrolle spielt, dann geht es im Interview des DB-Magazins „Mobil“ um: Schönheitsoperationen

Es gibt so vieles, was man von ­Diane Kruger wissen will und was man sie in einem Interview fragen könnte. Die deutschamerikanische Schauspielerin wurde dieses Jahr in Cannes für ihre Hauptrolle in Fatih Akins neuem Film „Aus dem Nichts“ als beste Darstellerin ausgezeichnet. Man könnte mit ihr darüber sprechen, wie dieser Film das NSU-Motiv verarbeitet. Über Trauer, Wut und institutionellen Rassismus. Über ihre herausragende Leistung in dem Thriller als verzweifelte Mutter, die ihren Mann und ihren Sohn durch einen neonazistischen Bombenanschlag verliert.

Nichts davon scheint das DB-Magazin Mobil zu interessieren. Im Titel­interview der Dezemberausgabe geht es stattdessen vor allem um eins: Diane Krugers Aussehen. Der Journalist will wissen, ob Kruger ein „hübsches Mädchen“ gewesen sei und ob sie manchmal das Bedürfnis habe, zu Hause alle Spiegel abzuhängen. Er fragt sie nach ihren Problemzonen und danach, welchen Körperteilen von ihr man Komplimente machen dürfe, ohne dass sie misstrauisch werde.

Und als Diane Kruger nicht über ihre Problemzonen sprechen will, hakt der Journalist nach: „Angenommen, man zwingt Sie mit vorgehaltener Waffe, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen: Was würden Sie an sich verändern lassen?“ Wie bitte?! Kruger kontert geduldig, dass sie sich für ein paar Wochen einen Kim-Kardashian-Hintern machen lassen würde. Was den Journalisten dazu veranlasst zu fragen, warum sie einen Po wolle, der „in Umfang und Form einer Kesselpauke gleicht“.

Auf ihre Rolle in Fatih Akins Film, der „Rolle meines Lebens“, wie Kruger sagt, entfallen drei schnelle Fragen am Ende des großformatigen Interviews. Das Ganze sollte wohl angelegt sein als porträtierendes Gespräch. Da kann man durchaus Fragen zur Kindheit und zu Privatem stellen. Aber auf mehr als einer Seite auf Diane Krugers Aussehen herumzureiten porträtiert sie nicht. Es reduziert eine Künstlerin auf ihr Äußeres.

Da hilft es auch nicht, dass der Journalist Kruger auf den Verriss anspricht, der über sie in der New York Times nach ihrer Rolle in „Troja“ erschien. Sie sei „zu schön, um jemals eine Rolle mit Tiefgang zu spielen“, schrieb die Zeitung. Diane Kruger findet das in ihrer Antwort sexistisch und ignorant: „Was hat mein Aussehen damit zu tun, ob es mir gelingt, Gefühle wie Glück oder Trauer überzeugend auf die Leinwand zu bringen?“ Das kann auch als Antwort auf die Fragen des DB-Magazins Mobil gelesen werden. Elisabeth Kimmerle