Protest im Exil

Am Mittwoch demonstrieren etwa 75 Exil-Iraner vor dem Brandenburger
Tor. Sie kritisieren wirtschaftliche und politische Missstände im Iran

Von Hannah El-Hitami

Die Demonstrierenden vor dem Brandenburger Tor haben Glück: Kurz vor Beginn ihrer Kundgebung am Mittwoch endet der Dauerregen. „Nieder mit Rohani!“– „Nieder mit Chamenei!“, rufen die etwa 75 Frauen und Männer und schwenken die grün-weiß-rote Flagge des Iran.

Masumeh Bolurchi steht am Rand der skandierenden Menge, deren Rufe von Trommelwirbeln begleitet werden. Die 63-Jährige ist Vertreterin des Nationalen Widerstandsrats Iran (NWRI), der den Protest organisiert hat. Mit leuch­tenden Augen erklärt sie die Ziele der Proteste: „Wir wollen Demokratie, wir wollen Freiheit, wir wollen Jobs.“ Bolurchi zeigt auf Plakate einiger Protestierender. Zu sehen ist das lächelnde Gesicht Maryam Rajavis, mit rotem Kopftuch umhüllt. Der NWRI hat die Oppositionspolitikerin Rajavi zur Präsidentin des iranischen Widerstands gewählt und verehrt sie als Symbol für Freiheit und Demokratie.

Mit der jüngsten Protestbewegung im Iran solidarisieren sich unterschiedliche exil-iranische Organisationen, fast täglich finden Solidaritätskundgebungen vor dem Brandenburger Tor oder vor iranischen Botschaften weltweit statt.

Oppositionelle mit verschiedenen politischen Motiven

Die Ideologien der veranstaltenden Organisationen unterscheiden sich teils stark voneinander. Laut Bundesverfassungsschutz ist der NWRI etwa der politische Arm der „Volksmojahedin Iran“, einer revolutionär-marxistischen Oppositionsgruppe mit islamischer Prägung, der bis 2001 auch für terroristische Anschläge im Iran verantwortlich war. Er ist in Deutschland mit etwa 900 Mitgliedern vertreten.

Seit einer Woche kommt es im Iran zu Massendemonstrationen. Was mit der Empörung über zu hohe Lebensmittelpreise begann, hat inzwischen Oppositionelle mit verschiedenen politischen Motiven mobilisiert, gegen das theokratische Regime zu protestieren. Mehrere hundert Personen sollen bei den landesweiten Unruhen festgenommen worden sein. 21 Menschen wurden getötet, darunter 16 Demonstrierende.

Die deutsche Bundesregierung hat sich bislang zurückhaltend geäußert. Auch dagegen wird am Mittwoch demonstriert. „Uns stört, dass die deutsche Bundesregierung die iranische Regierung nicht in ihre Schranken weist“, sagt NWRI-Sympathisant Mahmood Mahoutchiyan vor dem Brandenburger Tor. Mitglied ist er nach eigener Aussage nicht. Deutschland müsse die iranische Regierung sanktionieren und die Freilassung der Inhaftierten fordern, sagt er.

Positiver findet er die Reaktion von Donald Trump, der sich seit Beginn der Proteste mehrfach per Twitter geäußert hat. „Zeit für Veränderung“ forderte der US-Präsident und kündigte an, die Menschenrechtslage im Land genau zu beobachten. „Er steht hinter der iranischen Bevölkerung und gibt ihr Hoffnung“, sagt Mahoutchiyan.