Stefan Reinecke über das Ergebnis der Groko-Sondierungen
: Die Anti-AfD-Regierung

Die künftige Groko hat, trotz aller klein geraspelten Kompromisse und der bedrückenden Ehrgeizlosigkeit beim Ökologischen, sehr wohl eine Richtung: Sie will eine Anti-AfD-Regierung sein. Beim Sozialen hat sich, so weit es ging, die SPD durchgesetzt. Diese Koalition legt ein – wenn auch nur kleinformatiges – Stützprogramm für die Mittelschicht auf. Das soll die Gemüter beruhigen und Abstiegsängste mildern, von denen die Rechtspopulisten profitieren.

Die zweite Zutat in dem Anti-AfD-Rezept ist bitterer: Die Merkel-Schulz-Regierung setzt bei Flüchtlingen auf hartherzige Abschreckung. Das ist nicht nur moralisch übel, es fehlt auch der nötige Schwung zur Integration der Flüchtlinge. So schafft man langfristig dann doch wieder jene Problemzonen, mit denen die Rechtspopulisten Stimmungspolitik machen.

Diese Regierung wird der alten mehr als ähnlich sehen. Die Ansage der SPD, dass man, um nicht schon wieder als Juniorpartner unterzugehen, nun auch mal die Anti-Merkel-Opposition in der Regierung geben werde, ist nur rhetorische Schaumschlägerei. Die Wahrheit ist: Die SPD hat keine Ahnung, wie sie verhindern kann, trotz ordentlicher Regierungsbilanz bei Wahlen immer wieder krachend zu verlieren.

Es wäre also erfreulich, wenn die SPD aufhören würde, die Intelligenz des Publikums zu beleidigen, indem sie behauptet, es gäbe mit ihr kein „Weiter so“. Doch, genau das wird diese Regierung sein: die pragmatische Fortsetzung des Bekannten.

Gerade diese Kontinuität bedeutet auch eine tiefe Zäsur für das deutsche Parteiensystem. Die Merkel-Schulz-Regierung wäre ein Bruch, die erste Große Koalition, die seit 1949 fortgesetzt wird. Und wohl auch die letzte, die man noch so nennen könnte. Denn wenn das Bündnis von Union und SPD von der Ausnahme zur Regel wird, ist das der Anfang vom Ende des Parteiensystems. Und das ist angesichts der Affektlage, die die Rechtspopulisten derzeit so effektiv bewirtschaften, keine gute Aussicht.

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