Architekt der Energie-wende gibt auf

Er diente unter Joschka Fischer, Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel. Doch jetzt bittet Staatssekretär Rainer Baake um Entlassung. Die Klimapolitik der neuen Großen Koalition will der Experte nicht mittragen

Abgang mit Stil: Rainer Baake Foto: Wiktor Dabkowski/picture alliance

Von Malte Kreutzfeldt

Mit diesem Schreiben geht eine Ära zu Ende: „Von einem Staatssekretär wird zu Recht erwartet, dass er sich in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen Zielen der Politik befindet. Ich kann das von mir in Zukunft nicht mehr behaupten“, schreibt Rainer Baake, bisher Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium an den künftigen CDU-Minister Peter Altmaier. „Darum bitte ich Sie, mich nach der Regierungsbildung von meinen Aufgaben zu entbinden“, heißt es weiter in dem Brief vom Montag, der der taz vorliegt.

Damit entsteht im Ministerium eine große Lücke. Baake ist einer der profiliertesten Architekten der deutschen Energiewende, seine Sachkenntnis wurde – von wenigen Hard­linern abgesehen – parteiübergreifend anerkannt. Auch seine Presse-Hintergrundgespräche, in denen er jede noch so detaillierte Nachfrage aus dem Kopf druckreif beantworten konnte, sind legendär.

Dabei konnte er von seiner langen Erfahrung zehren: Schon in den 90er Jahren kämpfte Baake unter dem ersten deutschen Grünen-Minister Joschka Fischer in Hessen um den Atomausstieg und den Einstieg in erneuerbare Energien. Später diente er dem ebenfalls grünen Bundesumweltminister Jürgen Trittin als Staatssekretär und verhandelte mit den Energiekonzernen erfolgreich über den rot-grünen „Atomkonsens“.

Nach dem Regierungswecchsel gehörte er zunächst als Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und später als Gründungsdirektor des Thinktanks Agora Energiewende zu den schärfsten Kritikern der schwarz-gelben Energiepolitik. Überraschend holte SPD-Chef Sigmar Gabriel den Grünen Rainer Baake 2013 in der Großen Koalition dann zurück in die Regierung, als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, das mittlerweile für die Energiepolitik zuständig war.

In diesem Amt prägte Baake in den letzten vier Jahren die schwarz-rote Energiepolitik – und verteidigte auch in der Erneuerbaren-Szene unpopuläre Entscheidungen wie den Umstieg auf Ausschreibungen bei Wind- und Solaranlagen und die starken Einschnitte bei der Biomasse-Nutzung. Für manche Grüne und Umweltverbände wurde er damit zu jener Reiz­figur, die er für die großen Energiekonzerne schon lange war. Nachdem er unter Schwarz-Rot vergeblich versucht hatte, über eine neue Braunkohle-Abgabe den Kohleausstieg zu beginnen, warb er bei den später geplatzten Jamaika-Verhandlungen erfolgreich für das Aus des Klimakillers.

Dass es in der neuen Groko nun keine entsprechenden Pläne gibt, nennt Baake als einen Grund für seinen Rückzug. Der Koalitionsvertrag sei „in den Bereichen Energiewende und Klimaschutz eine herbe Enttäuschung“, schreibt er in seinem Brief an Altmaier. Deutschland werde seine Klimaziele deutlich verfehlen. „Der internationalen Glaubwürdigkeit der Energiewende wird damit großer Schaden zugefügt“, meint er.

„Ich komme ganz sicher zurück – in welcher Funktion auch immer“

Rainer Baake

Möglicherweise kommt der grüne Staatssekretär mit dem freiwilligen Rückzug aber auch nur seiner Entlassung zuvor. Gerade aus konservativen CDU-Kreisen war Baake trotz seines stets pragmatischen Ansatzes oft heftig kritisiert worden. Der künftige Wirtschaftsminister Altmaier wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, ob Baake unter ihm eine Zukunft als Staatssekretär gehabt hätte. Baake selbst hatte sich in seinem Entlassungsgesuch lobend über Altmaier geäußert: „Wir waren nicht immer einer Meinung, aber wir haben in vertrauensvoller Atmosphäre gute und tragfähige Kompromisse gefunden“, heißt es in dem Schreiben.

Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer, der vor wenigen Tagen Baakes Entlassung gefordert hatte, kommentierte die Nachricht von seinem Rückzug auf Twitter mit den Worten „Sehr gut“. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer zollte Baake hingegen „Respekt“ für seine Arbeit. Der Abgang zeige, „wo Union und SPD bei Energiewende und Klimaschutz wirklich stehen“, erklärte er. Der Beifall von „Kohle-Ayatollahs“ wie Kretschmer spreche Bände.

Was der 62-jährige Baake in Zukunft machen wird, ist noch nicht bekannt. In den Ruhestand verabschieden will er sich aber noch nicht. „Ich komme ganz sicher zurück“, teilte er der taz mit. „In welcher Funktion auch immer.“