Das Weltsozialforum zurück in seinem Ursprungsland

Das 14. Treffen der Globalisierungs-kritiker*innen findet vom 13. bis zum 17. März im Norden Brasiliens statt

Das Weltsozialforum (WSF) fand erstmalig 2001 in Porto Alegre im äußersten Süden Brasiliens statt. Es war ein internationales Treffen von Globalisierungskritiker*innen, die dem Weltwirtschaftsforum (WEF), der jährlichen Zusammenkunft der wichtigsten Wirtschaftsführer im schweizerischen Davos, etwas entgegensetzen wollten.

Schon zum ersten WSF kamen rund 4.000 Teilnehmende und 12.000 Demonstrant*innen – und in den Folgejahren stieg der Zulauf rasant an. 2003 gingen in Porto Alegre schließlich 120.000 Menschen anlässlich des dritten Weltsozialforums auf die Straßen. Vertreter*innen von über 5.000 Organisationen aus allen Teilen der Erde waren angereist.

Vielen Freihandelskritiker*innen schien das Politikmodell interessant, das am brasilianischen Beispiel aus der Kombination der Kraft sozialer Bewegungen und der Politik der Arbeiterpartei PT entstanden war. Diese hatte – etwa in Porto Alegre – mit der Einführung eines Bürgerhaushaltes den Bürger*innen selbst die Kontrolle über einen Teil der öffentlichen Mittel der Stadt gegeben – und damit vor allem in den Armenvierteln Porto Alegres teils große Erfolge erzielt.

Thematisch setzten sich die Foren stets gegen unregulierte Märkte, gegen die Privatisierung öffentlicher Güter ein – und für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen der Erde.

2004 fand das Weltsozialforum erstmals außerhalb Brasiliens statt, im indischen Mumbai. Damit sollte das Zeichen gesetzt werden, dass sich die Menschen des globalen Südens gegen die Interessen der westlichen Industrieländer und des globalen Nordens selbst organisieren können. Erneut nahmen rund 100.000 Menschen an dem Aktivist*innentreffen teil.

Von da an fand das WSF an unterschiedlichen Orten der Erde statt, mal wie im Jahr 2006 zeitgleich in Mali, Pakistan und Venezuela, mal wie 2008 als globale Aktionswoche – also weltweit. Eine Wiederbelebung erfuhr das WSF, als 2009 in der brasilianischen Amazonasmetropole Belém erneut über 100.000 Menschen teilnahmen und auch fünf südamerikanische Staatschefs das Treffen besuchten, unter ihnen Brasiliens Präsident Inácio Lula da Silva.

Danach wurden Foren unter anderem im senegalesischen Dakar und in Tunis organisiert. Mit der Ausrichtung 2016 im kanadischen Montreal fand das WSF erstmals in einer Stadt des globalen Nordens statt.

Immer wieder wurde das Treffen vor allem in Europa für tot erklärt und teils von heftigen Richtungsstreits geprägt. So entzog etwa die mächtige brasilianische Landlosenbewegung MST (Movimento sem Terra) dem WSF die Unterstützung: Die Landlosen befanden, die Veranstaltung sei ihnen zu wenig radikal.

Im Kern ist das WSF bis heute ein offenes Forum sozialer Bewegungen, das für Europäer heute kaum noch eine Bedeutung hat, dafür aber große Anziehungskraft auf politische Aktivist*innen in Brasilien und Lateinamerika und einigen afrikanischen Ländern entfaltet.

Mit der Ausrichtung des 14. WSF im kolonial geprägten Bundesstaat in Salvador da Bahia im Nordosten Brasiliens, der ebenfalls von der Arbeiterpartei PT regiert wird, erhoffen sich viele Aktivisten einen neuen Schub für die zersplitterte Linke, die seit dem erzwungenen Ende der Amtszeit von Präsidentin Dilma Rousseff und den Korruptionsvorwürfen gegen den Ex-Präsidenten und möglichen Präsidentschaftskandidaten Lula in weiten Teilen frustriert und desillusioniert ist. Im Oktober finden im größten Staat Südamerikas Wahlen statt. (mk)