Feuer und Steine

Mit „Aktionen“ gegen deutsche Rüstungsunternehmen wollen Kriegsgegner*innen die türkische Militäroperation beenden

Von Ralf Pauli

Die Anschläge auf deutsche Rüstungskonzerne häufen sich. Zuletzt traf es Mittwochvormittag die Niederlassung einer ThyssenKrupp-Sparte in Berlin. Wie die Gruppe „fight4afrin“ in der Nacht auf Donnerstag mitteilte, wurde die Scheibe einer Eingangstür am Firmengebäude „mit Steinen zerstört“.

Diese Aktion sei eine „Reaktion auf die Besetzung Afrins“ durch die Türkei. Auf ihrer Website bekennt sich die Gruppe zu dem Anschlag, der nach eigenen Angaben der Firma ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) galt. Das Tochterunternehmen des Rüstungskonzern ThyssenKrupp AG produziert in Kiel, Emden und Hamburg U-Boote, Fregatten und Korvetten. Derzeit baut der Nato-Partner Türkei mit Hilfe des deutschen Konzerns sechs U-Boote des Typs U214 – und macht sich damit zur Zielscheibe der Afrin-Aktivist*innen. Das Unternehmen wollte sich zu dem Vorfall nicht äußern, verwies aber darauf, dass an dem attackierten Standort eine andere – nichtmilitärische – Sparte von ThyssenKrupp untergebracht sei. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen.

Seit Beginn der türkischen Militär­ope­ration im Nordosten Syriens kam es in Deutschland regelmäßig zu Protestaktionen gegen den Einmarsch in das autonome Kurdengebiet Rojava. Als das türkische Militär kurz vor Einnahme der Stadt Afrin stand, riefen mehrere Gruppen zu Anschlägen auf türkische Einrichtungen und internationale Rüstungskonzerne in ganz Europa auf, darunter die PKK-nahe kurdische „Bewegung der freien Jugend“ (Ciwanên Azad) sowie die Gruppe „fight4afrin“. Mit den „Aktionen“ wollen sie den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ der Türkei beenden und Konzerne „zur Verantwortung ziehen“, die Waffen in die Türkei liefern oder geliefert haben.

Bereits vergangene Woche blockierten rund 70 Aktivist*innen der Gruppe „Block War“ die Ein- und Zufahrt der Kasseler Panzerfabrik Krauss-Maffei Wegmann in Kassel, wo Leopard-II-Panzer gebaut wurden. Jener Typ Panzer, den die Bundesregierung der Türkei aus ihren Bundeswehrbeständen verkauft hat und den die Türkei nun von der Firma Rheinmetall nachrüsten lassen will. Auch gegen diesen Rüstungskonzern richtete sich diese Woche ein Sabotageversuch. In einem Bekennerschreiben, das der taz vorliegt, beschreiben Aktivist*innen, wie sie in der Nacht auf Montag einen Brandanschlag an den Bahngleisen auf der Strecke Hannover–Uelzen verübten, an der das Rheinmetall-Werk Neulüß liegt. Ihr Ziel: Dass „durch unsere aktion die produktionsanläufe bei rheinmetall gestört werden“. (sic!)

Ihr Ziel hat die Gruppe nach Angaben der Deutschen Bahn nicht erreicht. Sämtlicher Bahnverkehr konnte eingleisig bewerkstelligt werden, der Fernverkehr wurde umgeleitet.

Von solchen Aktionen hält Stefan Liebig (Linkspartei) wenig: „Wer Angriffe auf Zugstrecken ausübt, um deutsche Rüstungsexporte anzuprangern, schadet seinem Anliegen.“ In erster Linie sieht Liebig die Bundesregierung verantwortlich, weil sie trotz des „völkerrechtlichen Kriegs“ einfach weiter Waffenexporte an die Türkei genehmigt habe.