Das rote Tuch

Opfer antiislamischer Diskriminierung sind vor allem Frauen. Grund ist meistdas Kopftuch, belegen neue Zahlen vom Netzwerk gegen Islamfeindlichkeit

Von Daniel Stoecker

225 Meldungen über antimuslimische Diskriminierung in Berlin sind in den Jahren 2016 und 2017 beim Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit eingegangen. So lautete eine vor Ostern vom Netzwerk veröffentlichte Statistik. Davon fallen demnach 110 auf das Jahr 2016, 115 auf 2017. Es werde jedoch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen, heißt es in einer Pressemitteilung.

Besonders Frauen sind von Diskriminierung aufgrund von Religion oder Herkunft betroffen. Etwa 90 Prozent der Vorfälle richteten sich gegen Frauen. Knapp Dreiviertel aller Meldungen kamen von Menschen unter 28 Jahren. Zeynep Çetin, Projektleiterin des Netzwerks, vermutet den Grund darin, dass jüngere Leute eher gewillt sind, Diskriminierungen zu melden.

Eine Auswertung von 2016 ergab, dass bei 66 Prozent der gemeldeten Fälle die islamische Religionszugehörigkeit der Betroffenen das Hauptmotiv für Anfeindungen und Benachteiligungen war, bei 23 Prozent wurde auch die ethnische Herkunft als der Grund oder einer der Gründe angegeben. Diese Formen der Diskriminierung seien aber nicht einfach zu trennen, sagte Çetin gegenüber der taz. „Wenn Muslime Benachteiligung erfahren, ist nicht auszuschließen, dass es auch aufgrund ethnischer Herkunft ist.“ Auch das Geschlecht könne ausschlaggebend sein. Es handele sich daher um „Mehrfachdiskriminierung“.

Jeder zweite Vorfall ereignete sich 2017 im sozialen Nahraum, also der alltäglichen Lebenswelt der Menschen. Aber auch am Arbeitsplatz oder auf Behörden werde diskriminiert. Auffällig oft richte sich Islamfeindlichkeit gegen „sichtbar muslimische Frauen“, heißt es vom Netzwerk. Allein das Tragen eines Kopftuchs war 2016 in fast einem Viertel der am Arbeitsplatz gemeldeten Vorfälle als Grund für Diskriminierung angegeben worden.

„Wir beobachten auch, dass die Hemmschwelle für Übergriffe mit islamfeindlichen Beweggründen immer weiter sinkt, wie an der deutschlandweit zunehmenden Anzahl von Anschlägen auf Moscheen zu erkennen ist“, mahnt Çetin. Man erwarte von der Politik, sich entschieden gegen antimuslimischen Rassismus zu positionieren.