Polizei lenkt ein bisschen ein

Erfolg für Betroffene der Göttinger Datenaffäre

Von André Zuschlag

Die Göttinger Polizeidirektion hat diese Woche vor dem Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit ihrer jahrelangen Datensammlung über Linksaktivist*innen anerkannt. Insgesamt 25 Betroffene hatten geklagt, die ersten Verhandlungen endeten zu ihren Gunsten. Nur: Aus Sicht der Betroffenen hat das alles einen faden Beigeschmack.

Mehrere Aktenordner mit personenbezogenen Daten, darunter Namen, Adressen, körperliche Merkmale, Religionszugehörigkeit, Informationen über Social-Media-Profile und Fotos, füllte die Staatsschutzabteilung – jahrelang und wahrscheinlich über mehrere Hundert Menschen aus der Göttinger linken Szene. Beschriftet waren die Ordner mit „Limo“, was im Polizeijargon linksmotivierte Straftäter bedeutet. Um ins Visier zu geraten, reichte es, mal an einer Sitzblockade teilgenommen zu haben. Ab dann wurde munter alles notiert, was sich so über die Betroffenen auskundschaften ließ.

In dem Schreiben an das Verwaltungsgericht begründet die Polizei nun, dass die Datensammlung lediglich aus rein formellen Gründen illegal gewesen sei. Denn für die Limo-Ordner fehlte die datenschutzrechtlich erforderliche Dateibeschreibung. Problem: Damit endet weitgehend die Möglichkeit zur Aufklärung. „Wir hätten durch einen weiteren Verfahrensverlauf gerne mehr über die Hintergründe dieser rechtswidrigen und absurd großen Datensammlung erfahren“, sagt Anwalt Sven Adam, der die Betroffenen vertritt.

Dieses Anliegen erreichte bereits im vergangenen Sommer, als die Datenaffäre ans Licht kam, den niedersächsischen Landtag. Damals forderten die Grünen Aufklärung und daran hat sich nach den Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht nichts verändert: „Wir fordern eine lückenlose Aufklärung über die Hintergründe der Datensammlung und haben dazu eine kleine Anfrage an die Landesregierung eingereicht“, sagt Julia Hamburg, Fraktionssprecherin der Grünen.

Dass die illegalen Praktiken der Ermittlungsbehörden künftig nicht mehr stattfinden, glauben Betroffene hingegen nicht: „Leider kann man nicht damit rechnen, dass die Göttinger Polizei daraus Konsequenzen zieht“, sagt einer der Ausgespähten.

Dabei versprach Göttingens Polizeipräsident Uwe Lührig noch vor der jetzt gefallenen Entscheidung eine „rückhaltlose Aufklärung“. Das ist aber wohl gar nicht mehr möglich. Die Limo-Ordner sollen bereits vernichtet worden sein. Adam allerdings hofft noch, dass durch zwei weitere Klagen mehr über die Hintergründe der Datenaffäre zu erfahren: „Dafür haben wir die Vernehmung diverserPolizeibeamter vor dem Verwaltungsgericht beantragt.“