das portrait
: Der Weltbürger Klaus Voormanngibt den Echo für sein Lebenswerk zurück

Foto: Ursula Düren/dpa

Er ist über die Musikerszene hinaus nicht berühmt, und dass dies so ist, muss nicht ihm, Klaus Voormann, angelastet werden: Deutsche (Hoch-)Kulturwelten hatten ja nie einen rechten Sinn für genialische Influencer zu ihrer Zeit. Ein solcher war Voormann, 1938 in Berlin geboren, und in pop-ästhetischer Hinsicht mächtig.

Anfang der 60er-Jahre studierte er in Hamburg an der Meisterschule für Gestaltung Grafik und Design. Abends, als Teil der Boheme, die längst mit dem Aufstand gegen die bleiernen Nachkriegszeiten begonnen hatte, traf er auf St. Pauli, so geht die Legende, im „Kaiserkeller“ die dort gastierenden Jungs, die später als „Beatles“ zur globalen Legende werden sollten. Über Voormann sagte Paul McCartney später: „Er ist ein wunderbarer Mensch, ein verrückter Hund, ein leidenschaftlicher Kunst- und Musikliebhaber, ein prächtiger Vater und Ehemann, ein enger Freund und ein totales Arschloch.“ Was Jungs eben so parat haben, um sich gegenseitig zu komplimentieren.

Voormann, der als best buddy der Beatles während ihrer Zeit an der Elbe galt, gestaltete für die Fab Four das Cover vom Album „Revolver“ – ein Meisterwerk, eine Hommage auf die künstlerische Tradition, in der der Berliner groß wurde: den Expressionismus. Sein Leben gestaltender Art hat etliche Perlen hervorgebracht, auch die Looks von Alben der Bee Gees und später der deutschen Truppe Trio. Musikalisch mag als Ausweis seiner Coolness gelten, dass er das Bass-Intro auf Carly Simons Jahrhundertstück „You’re So Vain“ spielte, atmosphärisch ein Juwel, das einen dunkel gehaltenem Eindruck von Aufbruch und Abrechnung zugleich vermittelt.

Seit Langem lebt Voormann, der kommende Woche, am 29. April, 80 wird, mit seiner Familie am Starnberger See, immer noch berufstätig. Die deutsche Musikindustrie verlieh ihm nun einen Echo für sein Lebenswerk – und das zu Recht. Es war eine Ehrung, die sich nicht in Verkaufszahlen bemessen lassen kann, sondern an Impulsen, die einer durch sein ästhetisches Schaffen setzt. Nun hat Voormann diese Anerkennung wieder zurückgegeben – aus Protest gegen die Würdigungen von Rappern wie Kollegah und Farid Bang, die für den linksliberalen Mainstream der Branche inakzeptabel sind.

Diese Geste des verdienten Grafikers und Musikers mag ein wenig wohlfeil wirken, im Vergleich mit Echo-Aufmuckereien wie die von Peter Maffay und anderen, allerdings ist sie glaubwürdig: Voormann stand immer für Internationalität, Grenzüberschreitung, Freundlichkeit in jeder Hinsicht – und auf keinen Fall für künstlerische Konzepte, die mackerhaften Hass, delirierende Wut und Provokationen im Sinne etwa antisemitischer Ressentiments bedienen. Ihm stehen Acts wie Nena oder Marius Müller-Westernhagen nahe.

Nicht allein ausweislich seines Werks verkörpert Voormann als Mann, der im NS-Deutschland geboren wurde, das Allerbeste, das die Bundesrepublik hervorgebracht hat: einen Menschen und Weltbürger mit Gefallen an Qualität und Anmut. Jan Feddersen