Habeck und Klever über Europa: „Links ist immer besser“

Gehört Grünlinks die Zukunft? Lässt sich die Gesellschaft wirklich verändern? Darüber reden die grünen Parteichefs der Niederlande und Deutschlands.

Jesse Klever beugt sich zu Robert Habeck, der sinnierend in die Luft starrt

Frische Grüne Denker Foto: Sebastian Wells

taz am wochenende: Herr Klaver, Herr Habeck: Wer von Ihnen beiden wird denn nun der nächste Trudeau?

Jesse Klaver: Keiner von beiden. Oder ist dein zweiter Name Justin, Robert?

Robert Habeck: Der ist Christoph.

Klaver: Also: Er wird der nächste Robert, ich werde der nächste Jesse.

Sie, Herr Klaver, haben angekündigt, nach der nächsten Wahl ins Türmchen von Den Haag zu ziehen. Da liegt das Büro des Ministerpräsidenten, also wollen Sie den Trudeau-Job. In der Realität spricht dafür aber sehr wenig.

Klaver: Wenn niemand sagt, dass eine Idee Unsinn ist, dann ist es auch keine gute Idee. Dann verändert man den Status quo nicht. Ich will aber den Status quo in den Niederlanden verändern, und ich glaube daran, dass die Grünen bei diesem Wandel eine große Rolle spielen müssen.

Die Strategie ist offensichtlich, die Leute dazu zu bringen, sich größere Veränderungen vorstellen zu können. Aber vielleicht denken die Leute auch einfach, Sie seien übergeschnappt?

Klaver: Es ist mir ziemlich egal, was Leute denken.

Für einen Politiker ist das eine harte Aussage.

Klaver: Mag sein, aber ich sage, dass wir neue Politik brauchen, und Politiker haben sich zu lange zu sehr gefragt, was Leute denken, wenn sie dies oder das sagen. Ich bin Jesse, und das, was ich sage, ist das, woran ich glaube. So sollte Politik des 21. Jahrhunderts sein, dass man den Leuten seine Ziele und Ambitionen offenlegt.

Diese Offenheitsstrategie würden Sie oder die deutschen Grünen niemals wagen, Herr Habeck. Oder?

Habeck: Ich finde es spannend, welche Vorstellungskraft es ausgelöst hat, dass Jesse das gesagt hat. Gleichzeitig glaube ich, seit Guido Westerwelles 18-Prozent-unter-den-Schuhsohlen-FDP-Wahlkampf ist der Boden hierzulande dafür verbrannt. Wenn es einen Unterschied gibt, den die Grünen zu den taktischen Spielchen anderer machen können, dann ist es der, nicht immer nur über die Grünen zu reden.

Das wird hart.

Habeck: Wir alle leben in einer Welt, die Politik darauf reduziert, etwas um 0,2 Prozent zu erhöhen oder 4 Milliarden Euro mehr für das und das auszugeben. Und das ist alles irgendwie auch nicht falsch. Aber nichts falsch machen, heißt eben auch nicht, dass man alles richtig macht. Wenn wir es schaffen, das Politische wieder wach zu bekommen, sodass ernsthaft darüber geredet werden kann, was eigentlich Alternativen sind, dann wird es eine Nachfrage nach Politik geben, und dann kommen Wahlsiege von ganz allein.

Nach Jahrzehnten der Aufbauarbeit stehen die Grünen in den Niederlanden und in Deutschland bei neun Prozent. Obwohl die Erderhitzung imminent ist und den Volksparteien die Wähler weglaufen und wegsterben. Sie können nicht viel richtig gemacht haben.

Klaver: Ich teile das überhaupt nicht. Es geht aufwärts für die grüne Bewegung in ganz Europa.

Jesse Klaver, Chef von GroenLinks

„Unser Plan reicht weit über die nächste Wahl hinaus. Er zielt darauf ab, die von den Linken zu den Populisten gewechselten Wähler zu uns zu holen“

Das haben Sie exklusiv.

Klaver: Linke Politik ist in schwerem Wetter, wir haben große Niederlagen der Sozialdemokraten gesehen, zuletzt in Italien, davor in Deutschland und Frankreich. Deshalb denke ich, es gibt die Notwendigkeit einer neuen ­linken, grünen Bewegung. Wenn Sie ­sagen, dass wir immer noch erst bei 9 Prozent sind, dann sage ich: Das zeigt, dass wir eine Menge zu gewinnen haben.

Das sind schöne Marketingsprüche.

Klaver: Nein, nein. Das ist echte Überzeugung. Und genau das ist der große Unterschied. Ich habe zwei kleine Kinder, ich lebe nah an einem Strand, aber ich arbeite ununterbrochen an diesem Projekt. Glauben Sie wirklich, ich würde hier mit Ihnen sitzen, statt mit meinen Kindern am Strand zu spielen, wenn ich nicht an diesen Zukunftsplan glauben würde? Und daran, dass wir das schaffen können.

Habeck: Alle starren wie das Kaninchen auf die rechte Schlange, Spahn, Seehofer, die SPD – ich riech Angst drei Meilen gegen den Wind, es ist eine taktische Angst vor dem Verlust von Prozentpunkten. Aus Angststarre mutet die Regierung dem Land aber keine echten Debatten zu. So tut sich für eine andere Politik ein riesiger Raum auf. Es ist unsere Aufgabe, diesen Raum auszumessen, zudem die SPD nicht erst seit Gabriels Spiegel-Essay …

… in dem er sozialökologische und emanzipatorische Politik aus dem linken Portfolio herausgenommen hat zugunsten von klassisch definierter sozialer Gerechtigkeit …

Habeck: … die Masche reitet, grüne Politik sei das Übel schlechthin, von dem sich die SPD distanzieren müsse: erneuerbare Energien, überhaupt ökologische Themen, Humanität in der Flüchtlingspolitik, demnach alles Firlefanz. Dabei übersieht die SPD, was ansteht: eine Alternative zu Hartz IV, ein neues Kartellrecht für den digitalen Kapitalismus, Schließen der Steuerschlupflöcher, Kohleausstieg, Dieselgate, Nord Stream 2.

Grüne mögen keine Heldenpolitiker, schon gar keine männlichen, nur sogenannte Inhalte. Wie haben Sie es geschafft, der grüne Star der Niederlande zu werden, Herr Klaver?

Klaver: Es geht nicht um mich, es geht darum, möglichst viele Leute anzusprechen, speziell junge. Warum haben wir die Wahl gewonnen?

Gewonnen ist leicht übertrieben …

Klaver: Doch, gewonnen. Weil Tausende an Türen geklopft haben. Dong, dong. Es gibt eine Alternative, wir können die Welt ändern, wenn wir das wollen. Nicht ich bin der Held, du kannst der Held sein, das ist die Botschaft. Das verstehe ich unter Heldenpolitik.

48, ist seit Januar 2018 neben Annalena Baerbock Co-Vorsitzender der deutschen Grünen. Außerdem ist er derzeit noch Energiewendeminister von Schleswig-Holstein. Bei der Landtagswahl 2017 holte Habeck als inoffizieller Spitzenkandidat neben Monika Heinold 12,9 Prozent und schloss dann ein Machtbündnis mit FDP-Landeschef Wolfgang Kubicki, wobei sich Grüne und FDP den Ministerpräsidenten aussuchten, in diesem Fall einen von der CDU. Bei der Bundestagswahl 2017 holten die Grünen 8,9 Prozent. Sie mühten sich wochenlang um das Zustandekommen einer Koalition mit Union und FDP, die FDP-Chef Christian Lindner schließlich aber ablehnte.

In einer Late Night Show wurden Sie veralbert, weil Sie obsessiv den Oba­ma-Style imitierten. Was sagen Sie dazu?

Klaver: Das war lustig. Ich habe gelacht.

Habeck: Es ist schon zu beobachten, dass der Persönlichkeitsfaktor im Politischen zugenommen hat. Ein Grund könnte sein, dass man intuitiv spürt, dass in dieser neuen digitalen Plastikwelt alles manipuliert werden kann. Daraus wächst eine Sehnsucht nach Menschen, die für eine Überzeugung stehen. Aber das ist immer nur die halbe Wahrheit. Politiker sind Projektionsflächen.

Persönlichkeitsfaktor statt Parteiprogramm – wie geht eine Programmpartei damit um?

Habeck: Ich hätte gern, dass man, statt einen Heroenstatus zu zelebrieren, dem Menschlichen mit all seinen Hoffnungen und Begrenztheiten Raum gibt. Menschen wollen Menschen wählen, nicht algorithmengesteuerte Politik.

Ich frage vor dem Hintergrund des neuen grünen Grundsatzprogramms. Für wen ist das denn wirklich relevant, außer für die Grünen selbst?

Habeck: Im besten Fall gelingt es, die Debatten hineinzunehmen, die wir alle am Abendbrottisch oder beim Zeitunglesen führen. Und die die Politik im Moment nicht aufnimmt. Wenn Amerika sich aus der Welt verabschiedet, die es zusammen mit Großbritannien auf­gebaut hat, was heißt das dann für Freiheit, Wohlstand, Frieden in Europa? Wenn das Grundsatzprogramm hier Antworten findet, durchstoßen wir diese Scheinwelt der Politik, die sys­temrelevante Fragen nicht mehr zulässt.

Sie haben in den Koalitionsverhandlungen zwei gegensätzliche grüne Haltungsmodelle durchexerziert: Die deutschen Grünen wollten sich der Regierungsverantwortung stellen und dafür große Kompromisse machen. Sie, Herr Klaver, haben den Lindner-Ausgang aus den Koalitionsverhandlungen genommen.

Klaver: So war das nicht. Wir hätten sehr gern mitregiert. Deshalb haben wir ja 100 Tage verhandelt. Und wir waren absolut bereit zu Kompromissen. In den Niederlanden machen wir Kompromisskoalitionen, seit wir existieren. Aber wir mussten mit drei rechten Parteien verhandeln, die fest zusammenhingen und sagten: Ihr könnt mitmachen, aber mehr nicht.

31, ist seit 2015 Partei- und Fraktionsvorsitzender der niederländischen Grünen (GroenLinks). Er ist das Role Model der deutschen Linksgrünen. Kosenname: „Jessias“, in Anlehnung an „Messias“. Bei der Wahl 2017 holte Klaver 9,1 Prozent, was als spektakulärer Erfolg gefeiert wurde, weil GroenLinks zuvor nur noch 2,3 Prozent bekommen hatte. Er profitierte vom Totalabsturz der Sozialdemokraten. Wahlgewinner und Regierungschef ist Mark Rutte mit der rechtsliberalen VVD (21,3 Prozent). Partner sind die Mitte-rechts-Parteien CDA und CU sowie die linksliberale D66. Klaver hatte nach langen Verhandlungen eine Regierungsbeteiligung von GroenLinks abgelehnt.

Seit wann ist die linksliberale D66 eine rechte Partei?

Klaver: Es geht nicht darum, was man sagt, sondern wie man handelt. Und als ich mit ihnen am Tisch saß, handelten sie wie eine rechte Partei. Wir wollen regieren, aber wir wollen einer rechten Regierung und ihrer rechten Agenda nicht zur Mehrheit verhelfen.

Irgendwann müssen Sie Kompromisse mit Andersdenkenden eingehen, wenn Sie sozialökologische Politik voranbringen wollen.

Klaver: Das werden wir auch. Wir gewinnen die nächsten Wahlen und haben mehr Einfluss. Dann können wir Kompromisse machen dafür, die Niederlande in die Richtung zu verändern, in die wir wollen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg progressiver Politik in einer derzeit noch rechten Politikwelt: Man darf nicht in eine Koalition gehen, die nur den Status quo bewahren will.

Habeck: Können wir den Tisch etwas in die Sonne rücken?

Weiter nach links rüber?

Klaver: Ja, links ist immer besser!

Herr Klaver, Sie wollen explizit, wie der Name „GroenLinks“ sagt, eine linke Partei sein. Auch Ihre Co-Vorsitzende Annalena Baerbock und Sie, Herr Habeck, haben neuerdings einiges an Umverteilungsrhetorik heraus­gestellt, was man von Klavers Wahlkampf und seinem Buch „De mythe van het economisme“ kennt.

Habeck: Also, wir haben vor diesem Gespräch zwei Stunden geredet, uns kennengelernt, und das hat sehr gepasst, wie wir auf die Politik schauen. Dein Buch kenne ich nicht, Jesse, sorry. Aber richtig ist, dass Annalena und ich neben der ökologischen Frage immer die des sozialen Zusammenhalts thematisiert haben. Unterhalb der Oberfläche von Politik gibt es das Gefühl von unsichtbarer Unfairness an vielen Stellen. Menschen spüren, dass die Regeln häufig nicht mehr zu den Rea­litäten passen. Vieles, was von Grünen lange beschlossen ist, artikulieren wir mit schärferem analytischem Bezug auf die Gegenwart: Kindergrundsicherung, Garantierente, Kritik am Hartz-IV-System.

Damit haben Grüne noch nie Wähler gewonnen, brummt man in Stuttgart.

Habeck: Es geht um das grundsätzliche Prinzip von Fairness. Es ist eine Bewegung hin in diesen leeren Raum links der politischen Mitte. Wir wollen Politik von der Würde und Freiheit des Menschen her denken, nicht von seiner Rolle als Marktteilnehmer. Und das gefällt hoffentlich auch in Stuttgart.

Sie sind führende linke Kraft in den Niederlanden, Herr Klaver. Zugleich schwindet die Gesamtpo­tenz der linken Parteien. Sie sind führende Kraft in einem immer kleineren Lager.

Klaver: Die anderen linken Parteien verlieren an Boden, richtig, aber deshalb werde ich mich nicht für den Erfolg der Grünen entschuldigen. Viele sozialdemokratische Wähler der 90er Jahre sind zu den Populisten gegangen, weil sie das Gefühl hatten, dass linke Parteien für sie nicht mehr funktionierten und alles das Gleiche sei. Ob du von einer Katze oder von einem Hund gebissen wirst, es tut beides weh. Was wir zeigen wollen: dass wir einen Unterschied machen. Unser Plan reicht weit über die nächste Wahl hinaus. Und er zielt darauf ab, die von den Linken zu den Populisten gewechselten Wähler zu uns zu holen.

Ambitioniert.

Klaver: In der Tat. Aber das ist der Plan.

Habeck: Das ist mir ein zu statisches Bild, dass es zwei Teile der Gesellschaft gibt, links und rechts, und dann brauchst du 52 Prozent und die anderen 48, und die Frage ist jeweils nur, wer zieht die 10 Prozent hin oder her. So ist es nicht mehr. Richtig ist, in den letzten zwei Jahren hat die Angst vor Rechtspopulismus die Politik nach rechts verschoben. Ich kenne CSU-Chef Horst Seehofer auch anders. Ich habe ihn auch schon anders sprechen hören­ als jetzt als Innenminister. Und das nervt mich so: dass er nicht aus dem Kern seiner politischen Überzeugung heraus agiert, sondern nur aus der Taktik, der AfD das Wasser abzugraben.

Was setzen Sie dagegen?

Habeck: Politik ist Dynamik. Wenn es gelingt, das Momentum zu erlangen, ist viel zu gewinnen. In dem Sinne ist Winfried Kretschmann der zeitgemäßeste Politiker.

Robert Habeck

„Wir müssen damit rechnen, dass es einen starken rechten Block geben wird. Einen antieuropäischen, nationalistischen, manchmal rassistischen Block. Und wahrscheinlich geschwächte Konservative“

Inwiefern?

Habeck: Weil er eine Ernsthaftigkeit hat, die dieses Schielen nach Umfragen hinter sich lässt.

Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg nimmt das Gefühl des Verlusts von Heimat politisch ernst, manche Grüne sehen das ganz anders. Sie, Herr Klaver, haben im Niederländischen den Begriff gar nicht?

Habeck: Sagt dir das deutsche Wort „Heimat“ etwas?

Klaver: Ja, ja, ihr habt ja jetzt sogar ein Ministerium dafür. Glückwunsch!

Habeck: Danke, danke. Wir haben da eine Debatte bei den Grünen. Für mich bedeutet „Heimat“ nicht Blasmusik und blaue Augen, sondern beschreibt den Raum, den wir mit unserem Leben füllen wollen. Das kann man dann auch links verstehen.

Klaver: Ich habe ein zweites Buch geschrieben, über Empathie, in dem ich ausführe, dass wir als niederländische Gesellschaft neben dem, worauf wir überhaupt nicht stolz sein können, eine ganze Menge haben, auf das wir stolz sein können. 1581 hatten wir die erste Unabhängigkeitserklärung. Erasmus und Spinoza waren hier, weil wir schon damals an die Meinungsfreiheit glaubten.

Was ist Ihr Punkt?

Klaver: Mein Punkt ist, dass auch ein linkes Konzept von Identitätspolitik möglich ist, von der Identität eines Landes und dem, was Heimat bedeutet. Auf der anderen Seite versuchen die Rechten immer über kulturelle Fragen zu sprechen, Flüchtlinge, Islam, Heimat, um nicht über die sozialen Fragen reden zu müssen. Es geht darum, die Rechten dazu zu bringen, darüber zu sprechen. Wenn ihre ­Wähler wissen, was die für sozialökonomische Politik wollen, dann werden sie wegrennen.

Sie sind ein „Das schaffen wir“-Mann, Herr Klaver. Ihr Slogan war „Het kan wel“.

Klaver: Het kan wel – es ist möglich. Das bezieht sich darauf, dass alle rechten und klassischen Politiker sagen: Das geht nicht, das ist nicht möglich. Aber das ist kein Slogan. Unser Slogan war: Es ist Zeit für den Wandel.

Also doch Obama?

Klaver: Damit haben Sie es offenbar.

Was europäische Politik angeht, gibt es einen „Yes wecan“-Politiker, das ist der französische Präsident Emmanuel Macron. Sind Sie ein „Ja zu Europa“-Mann oder ein „Ja, aber“-Mann?

Habeck: Ich bin ein Yes-Mann. Erst mal muss man Ja zu Europa sagen. Wenn man dann die Kraft des Ja hat, kann man Europa und das eigene Land entwickeln. Nein zu sagen ist die schlechtere Alternative, weil alle großen Herausforderungen, von Klimafragen bis Steuerfragen, sich nicht mehr im nationalen Rahmen lösen lassen. Das heißt: Wie immer die Antwort sein mag, die man im „Aber“ geben kann, der Rahmen muss ein europäischer sein. Unser Horizont muss europäisch sein. Da muss die Leidenschaft hingehen. Unser Patriotismus muss größer sein als Deutschland.

Klaver: Ich bin ein wahrer Europäer.

Aber?

Klaver: Europa funktioniert nicht für alle, und das müssen wir ändern. Aber immer mit der Grundprämisse, dass wie eine stärkere Union brauchen.

Die Europawahl 2019 ist die zentrale Wahl der nächsten zwei Jahre. Macron wird versuchen, mit einer eigenen En-Marche-Fraktion das EU-Parlament zu verändern. Unterstützen Sie ihn dabei?

Habeck: Im Wahlkampf wird natürlich jede Partei für sich kämpfen, aber danach muss es möglich sein, dass die verschiedenen progressiven Parteien zusammenarbeiten, um eine vernünftige EU-Kommission zusammenzustellen. Wir wollen keine Volksbewegung, aber Solidarität der Progressiven und Proeuropäer. Der Begriff des Bündnisses, den wir Grünen bei uns ja im Namen haben, passt da besser.

Sie werden keine Macronisten?

Habeck: Nein, aber Macron kann gern grüner werden. Das proeuropäische Denken und das utopische Moment machen uns zu Alliierten.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Klaver: Das ist die Brücke zu Ma­cron. Er will Facebook und Google stellen, er will eine gemeinsame Körperschaftsteuer. Seine Pläne könnten etwas ökologischer sein, aber es scheint, dass er auf ein Europa der Menschen hi­nauswill und es nicht als Marktprojekt sieht. Wenn das stimmt, wäre das inspirierend. Ich sehe die Grünen in der Rolle des Zwischenhändlers. Sie sind diejenigen, die zwischen allen proeuropäischen Kräften vermitteln, von Macron bis Syriza, die im Moment noch bei den Europäischen Linken von Mélenchon sind.

Also bei den linksnationalen EU-Skeptikern …

Klaver: Wir wissen noch nicht, wie wir das zusammenbringen, aber wir wissen, dass wir größer werden müssen und nicht fraktioniert sein dürfen.

Habeck: Wir müssen uns klarmachen, worum es geht. Wir müssen damit rechnen, dass es einen starken rechten Block geben wird. Einen antieuropäischen, nationalistischen, manchmal rassistischen Block. Und wahrscheinlich geschwächte Konservative.

Und womöglich zertrümmerte So­zial­demokraten.

Habeck: Das ist der Punkt. Das tut mir leid für die SPD, aber im Augenblick bringt sie die Kraft nicht auf, strukturierende Kraft im progressiven Lager zu sein. Und das ist die Rolle, die wir anstreben.

Klaver: Großartig. Ich kenne Robert erst zwei Stunden, aber ich möchte ihn küssen.

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