taz-Serie Datenschutz in der EU: „Datenschutz dient uns allen“

So wirkt Europas neues Regelwerk für das Internet: Verbraucherschützer Christian Gollner über die gewonnene Macht von Verbraucher*innen.

Ein Mann fotografiert im Dunkeln

„Jeder, der ein Smartphone hat, muss wissen, dass er personenbezogene Daten verwaltet“ Foto: BENJAKON

Die Daten von rund 500 Millionen Europäer*innen stehen ab 25. Mai 2018 unter besonderem Schutz. Dann gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO. Sie gilt als Meilenstein und Zeitenwende im europäischen Datenschutzrecht. Während Verbraucherschützer*innen jubeln, ärgern sich Blogger*innen, Vereinsleute oder Kleinunternehmer*innen über das bürokratische Ungetüm. Die taz beleuchtet in einer Serie die verschiedenen Aspekte der DSGVO.

taz: Herr Gollner, WhatsApp, Face­book, Google & Co. reagieren auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und fordern derzeit ihre Nutzer*innen auf, neue Bestimmungen abzusegnen. Was passiert, wenn ich nicht zustimme?

Christian Gollner: Die ­DSGVO besagt, dass die Anbieter eine Dienstleistung nicht davon abhängig machen dürfen, dass der Verbraucher in eine Datennutzung einwilligt, die über die eigentliche Nutzung des sozialen Netzwerks hinausgeht. Geregelt wird das ganze über das sogenannte Kopplungsverbot. Das bedeutet, dass man WhatsApp oder Facebook nutzen kann, ohne dass die eigenen Daten weiterverarbeitet werden. Tatsächlich müssen wir noch beobachten, wie dieser Passus in der Verordnung von den Unternehmen umgesetzt wird.

In meinen sozialen Netzwerken taucht ungewöhnliche Werbung auf, Anbieter kontaktieren mich ungewollt. Ich vermute einen Verstoß gegen den Schutz meiner Daten. Was kann ich tun?

Auf den ersten Blick ist es schwierig, überhaupt herauszufinden, ob meine Daten missbräuchlich weiterverwendet wurden. Aber ich kann bereits jetzt bei den Anbietern eine Auskunft darüber anfordern, welche Daten über mich gespeichert sind. Dank der neuen Verordnung müssen die Unternehmen nun innerhalb eines Monats auf eine solche Anfrage antworten.

Was passiert dann?

arbeitet bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz und ist dort Referent für Verbraucherrecht und Datenschutz-

Ich kann zum einen eine Löschung meiner Daten einfordern. Wenn ich einen Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen vermute, kann ich mich direkt an die Aufsichtsbehörden wenden, die meinen Fall dann prüfen. Dank der Datenschutzgrundverordnung können sich Betroffene an die Datenschutzbeauftragten in ihren Bundesländern wenden und müssen nicht mehr mit Institutionen in den USA oder der Aufsicht in Irland Kontakt aufnehmen. Ein besonderes Formular ist nicht notwendig. Die Anfrage auf Prüfung funktioniert formlos.

Viele Konzerne fürchten, dass die DSGVO eine Abmahnwelle auslöst. Ist das Panikmache?

Nicht jede Abmahnung ist tatsächlich berechtigt. Ob es eine Verwarnung gibt oder ein Bußgeld verhängt wird, hängt letztlich von der Schwere des Verstoßes gegen die Datenschutzbestimmungen ab.

Eltern berichten auf der Schulwebsite, Verwandte bloggen aus dem Urlaub – müssen sich auch Privatleute mit der DSGVO auseinandersetzen?

Wer online Informationen verbreitet, muss sich auch über Datenschutz Gedanken machen. Jeder, der ein Smartphone hat, muss wissen, dass er personenbezogene Daten verwaltet und möglicherweise auch weitergibt. Heute hinterlassen wir mit jedem Schritt und Tritt im Internet digitale Spuren. Jeder Einzelne wird damit zum Datenverwalter. Datenschutz macht Arbeit, aber er dient uns allen.

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Teil 1 unserer Datenschutz-Serie: Interview mit der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff

Teil 2 unserer Datenschutz-Serie: Was steht drin im DSGVO?

Teil 3 unserer Datenschutz-Serie: Auch kleine Firmen beklagen die Rechtsunsicherheit des neuen Gesetzes

Teil 4 unserer Datenschutz-Serie: Interview mit dem Verbraucherschützer Christian Gollner

Teil 5 unserer Datenschutz-Serie: Porträt des grünen Vordenkers der neuen Datenschutzgesetze Jan Philipp Albrecht

Teil 6 unserer Datenschutz-Serie: Das Recht auf Vergessenwerden

Teil 7 unserer Datenschutz-Serie: Ein Vereinsvorsitzender und eine Bloggerin sprechen über Nachteile des EU-Datenschutzgesetzes

Teil 8 unserer Datenschutz-Serie: Kommentar zur digitalen Zeitenwende

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