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Gemeinsam Wäsche waschen

Es gibt sie immer noch, aber sie sind selten geworden: gemeinschaftlich von MieterInnen genutzte Waschhäuser erinnern an die Zeit, als Waschmaschinen noch Luxus waren

Von Joachim Göres

Eine Waschmaschine blieb für viele Menschen nach dem Krieg lange ein unerschwinglicher Luxusartikel. „In den 50er-Jahren war ich als kleines Kind mit meiner Mutter oft im Waschhaus“, erzählt Bärbel Kröner. „Dort trafen sich die Frauen aus der Nachbarschaft und brachten dort viele Stunden mit der Handwäsche zu. Am Ende wurde die Wäsche dann hier in dem großen geheizten Raum aufgehängt.“

Die Rentnerin hat eine eigene Waschmaschine, doch für große Handtücher oder Bettwäsche kommt sie zweimal im Monat ins Waschhaus der Wohnungsgenossenschaft Heimkehr in der Südstadt von Hannover, weil es hier schneller geht und es günstiger ist als zu Hause. Kröner hat sich schon vor Wochen ins Waschbuch eingetragen und alle drei Waschmaschinen belegt. Die nasse Wäsche passt danach in einen Trockner, nach 90 Minuten ist alles fertig.

„Es kommen immer weniger Menschen hierher. Wenn mal ein anderer Mieter hier ist, dann unterhält man sich über den Alltag und aktuelle Dinge“, sagt Kröner, während sie die frisch getrocknete Wäsche auf einem der großen Tische zusammenlegt. Jüngere Leute trifft sie selten – denn für Berufstätige sind die Öffnungszeiten eher ungünstig: Ab 16 Uhr ist das Waschhaus in der Woche dicht, am Samstag und Sonntag ist es ganz geschlossen.

Hausmeister Peter Grönemeyer hat im Waschhaus sein Büro. „Ärger gibt es nur ganz, ganz selten, zum Beispiel wenn jemand kurz den Trockner nutzen will, obwohl er sich nicht eingetragen hat“, sagt er. Grönemeyer lobt die Mieter für ihre Zahlungsmoral: Ein Automat zeigt nach dem Ende der Wäsche den Preis an, der dann von den Nutzern durch das Einwerfen von 20-Cent-Stücken bereitwillig gezahlt wird.

„Früher gab es in den Wohnungen keinen Anschluss für Waschmaschinen und es fehlte in den neun Quadratmeter großen Badezimmern oft der Platz“, sagt Heimkehr-Vorstand Sven Scriba. Heute werde nach einem Mieterwechsel die Badewanne durch eine Dusche ersetzt, dann passe eine Waschmaschine hinein. Wenn alle Bäder renoviert sind, ist das Aus für die Waschhäuser laut Scriba absehbar: „Für uns ist ihr Betrieb ein Zuschussgeschäft.“

Holger Lange, Kundendienstleiter bei der Bremer Gewoba, sieht das anders. Die Gewoba ist mit 42.000 Wohnungen in der Hansestadt das größte Immobilienunternehmen und betreibt für ihre Mieter 34 Waschhäuser. Die werden auch von jungen Leuten genutzt, die erstmals eine eigene Wohnung beziehen und noch keine Waschmaschine haben. „Wir sehen das Angebot als Service für unsere Mieter an, weil wir erheblich günstiger als ein Waschsalon sind. Mit der Nutzung der Waschhäuser sind wir zufrieden und werden sie weiter betreiben“, versichert Lange.

Inge Kurth freut sich darüber. Seit mehr als 50 Jahren lebt sie in der Neuen Vahr, eine Anfang der 60er-Jahre fertiggestellte Großsiedlung für mehr als 30.000 Bremer. Kurth kommt morgens um 7 Uhr ins Gewoba-Waschhaus Neue Vahr Südwest. „Da schlafen die meisten Leute noch und wenn ich fertig bin, dann liegt der Tag noch vor mir“, sagt sie. Bis vor Kurzem hatte sie keine eigene Waschmaschine – nach einer Krankheit ließ sie eine Maschine mit 40 Zentimeter Breite im kleinen Bad aufstellen. „Aber jetzt geht es mir wieder besser. Ich komme wieder gerne ins Waschhaus und nutze die Sieben-Kilo-Maschinen. Zu Hause würde das mit meinem kleinen Waschautomaten viel länger dauern“, sagt Kurth.

„Früher gab es hier auch noch eine Heißmangel, die habe ich sehr geschätzt. Die Hosen meines Mannes hatten messerscharfe Bügelfalten. Leider wurde die alte Maschine nicht erneuert“, bedauert Kurth. Einst gab es einen Waschmeister, der die Wäsche gewogen hat und bei dem man bezahlte. Heute öffnet Kurth das Waschhaus mit einem Chip, über den die Nutzung aller Geräte abgerechnet wird.

Eines aber ist trotz aller Veränderungen gleich geblieben: Es sind fast ausschließlich Frauen, die die Waschhäuser nutzen.