Der einsame Ministerpräsident

In Spanien stellt der neue sozialistische Regierungschef Pedro Sánchez, der keine Mehrheit im Parlament hat, jetzt sein Kabinett zusammen. Es soll nur aus Mitgliedern seiner PSOE und Unabhängigen bestehen

Aus Madrid Reiner Wandler

Der Sozialist Pedro Sánchez ist seit Samstagmittag offiziell Regierungschef Spaniens. Der 46-jährige Wirtschaftsprofessor an einer privaten Hochschule in Madrid, der am Freitag ein Misstrauensvotum ­gegen den konservativen Mariano Rajoy gewann, legte seinen Eid vor König Felipe VI. ab. Erstmals in 40 Jahren Demokratie schwor ein spanischer Regierungschef nicht auf die Bibel und verzichtete auf alle religiösen Symbole. Sánchez war immer wieder für eine strikte Trennung von Staat und Kirche eingetreten.

Nach einem ersten Besuch im Regierungspalast Moncloa, den Rajoy bereits verlassen hat, zog sich Sánchez zurück, um sein Kabinett zu planen. Die künftige Regierung soll in gleicher Zahl von Frauen und Männern besetzt sein. Eine vom Chef der linksalternativen Podemos, Pablo Iglesias, angebotene Koalition lehnt Sánchez ab. Dies wäre in seiner sozialistischen PSOE zu umstritten. Als sich Sánchez nach den Wahlen 2016 Podemos annähern wollte, verlor er den Parteivorsitz. Erst neue Urwahlen brachten ihn wieder an die Spitze.

Sánchez will die Ministerposten nur mit Sozialisten und Unabhängigen besetzen. Spätestens Mitte der Woche will er die Namen nennen. Am Freitag könnte das frisch vereidigte Kabinett dann erstmals tagen. Viel mehr wurde nicht bekannt. „Anrufe, die nicht abgenommen werden, Nachrichten auf WhatsApp ohne Antwort, Gespräche mit hohen Parteiführern, die eingestehen, keinerlei Angaben machen zu können, die keine Informationen darüber haben, was im Kopf von Pedro Sánchez vorgeht. Die PSOE schweigt wie ein Grab“, schreibt die konservative Onlinezeitung El Confidencial. Sie ist sonst für Insiderwissen aus allen Parteien bekannt.

Bleiben die Absichtserklärungen aus Sánchez’ Rede am Freitag im Parlament. Er will mit allen „einen Dialog führen“, auch mit den Katalanen, „soziale Dringlichkeitsmaßnahmen“ sollen die schlimmsten Auswirkungen der Sparpolitik Rajoys mildern, er will die „Demokratie erneuern“ und für „Stabilität“ sorgen, bevor er irgendwann Neuwahlen ausrufen wird.

Leicht wird es für Sánchez nicht. Seine Partei hat nur 84 Abgeordnete im Parlament. Und die Opposition wird hart. Rajoys Partido Popular (PP) und die rechtsliberalen Ciudadanos, die Rajoys Minderheitsregierung bis zum bitteren Ende unterstützten, beschimpfen Sánchez als „Verräter“ und als jemanden, der „dunkle Absprachen“ mit denen getroffen habe, „die Spanien zerstören wollen“. Denn der Sozialist wurde auch von den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern und Basken gewählt.

Als Erstes wird die neue Regierung wohl die unbeliebtesten Maßnahmen Rajoys rückgängig machen. Etwa eine Reform, die dazu führte, dass die Renten nicht mehr an die Inflation angepasst werden.