Statt Anerkennung in den Knast

AktivistInnen, die seit Jahren gegen das Autofahrverbot für Frauen kämpfen, sitzen hinter Gittern

Von Jannis Hagmann, Berlin

Keine drei Wochen mehr, dann dürfen sich die ersten Frauen in Saudi-Arabien ans Steuer setzen, ohne das Gesetz zu brechen. In Feierlaune sind die FrauenrechtlerInnen im Königreich dennoch nicht. Noch immer sitzen etliche hinter Gittern.

Im Mai hatten die saudischen Behörden 17 AktivistInnen festgenommen. Begleitet wurde die Razzia von einer Verleumdungskampagne in den staatlichen und sozialen Medien. „Kontakt mit ausländischen Organisationen“ wurde ihnen vorgeworfen. Ihr Ziel sei es, die Stabilität des Landes und den sozialen Zusammenhalt zu untergraben.

Zwar teilte die Staatsanwaltschaft am Sonntag mit, dass acht Personen wieder frei seien. Fünf Männer und vier Frauen seien aber weiterhin in Gewahrsam. Unter den Freigelassenen waren Aischa al-Manea, Hissah Al al-Scheich und Madiha al-Adschrusch. Die drei zählen zur alten Garde der FrauenrechtlerInnen in Saudi-Arabien. Schon 1990 hatten sie an der ersten großen Protestaktion gegen das Autofahrverbot teilgenommen, das nun ab dem 24. Juni offiziell Vergangenheit sein soll.

Das Fahrverbot in Saudi-Arabien ist das im Ausland prominenteste Beispiel für die Diskriminierung von Frauen in dem streng-sunnitischen Königreich. Viele Frauen sind auf Familienmitglieder angewiesen, um etwa den Weg zur Arbeit zurückzulegen. Wohlhabende Familien leisten sich private Fahrer, die meist als Gastarbeiter in Saudi-Arabien leben. Für diese dürfte die Aufhebung des Fahrverbots daher in vielen Fällen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und somit auch der Aufenthaltsgenehmigung einhergehen.

Da saudische Frauen seit Jahren auf den Arbeitsmarkt drängen und prominente Stellen in Wirtschaft, Medien und im öffentlichen Sektor bekleiden, war auch der wirtschaftliche Druck gestiegen, das Verbot aufzuheben. Viele GegnerInnen des Fahrverbots argumentieren zudem, dass aus den islamischen Quellen keine Rechtfertigung ableitbar sei.

Für Kronprinz Muhammad bin Salman, der seinem greisen Vater die Regierungsgeschäfte weitgehend abgenommen hat, ist das Ende des Fahrverbots zudem eine Gelegenheit, sich als progressiver Herrscher in Szene zu setzen. Dass die langsame wirtschaftliche und soziale Öffnung, die er vorantreibt, nicht automatisch mit mehr politischen Rechten einhergeht, hat er mit der jüngsten Repressionswelle gezeigt.