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: Attentat auf neuen äthiopischen Regierungschef

Abiy Ahmed, seit März Ministerpräsident von Äthiopien, will sein Land mit Reformen im Eiltempo befrieden. Unbekannte zündeten jetzt eine Granate auf einer seiner Kundgebungen

Das Neue

Bei einem Anschlag auf eine Kundgebung des reformerischen äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed sind am Samstag zwei Menschen ums Leben gekommen, mehr als 150 wurden verletzt. Unbekannte hatten eine Granate in Richtung der Bühne geworfen, auf der Ahmed gerade seine Rede beendet hatte. Der 41-Jährige selbst blieb unverletzt. Auf dem Meskelplatz im Zentrum der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba hatten sich zehntausend Menschen versammelt, um dem neuen Regierungschef ihre Unterstützung zu zeigen. Seit seinem Amtsantritt Anfang April hat Ahmed große Teile der Bevölkerung mit seinem radikal neuen Regierungskurs begeistert: Er will Äthiopien heraus der Autokratie hin zur Demokratie führen.

Der Kontext

Nach jahrelangen Protesten gegen seinen autokratischen Regierungsstil war Ahmeds Amtsvorgänger, Ministerpräsident Hailemariam Desalegn, im Februar dieses Jahres zurückgetreten. Beide gehören der Ethiopian People’s Revolutionary Democratic Front (EPRDF) an, einer Koalition aus vier politischen Parteien aus verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen.

Mit dem 41-jährigen Abiy Ahmed leitet nun erstmals ein Vertreter der Oromo, der größten dieser Gruppen, die Staatsgeschäfte. Im Eiltempo brachte er schon etliche versprochene Änderungen auf den Weg: Zehntausende politische Gefangene wurden aus der Haft entlassen, die freie Presse kann wieder arbeiten, er begann Gespräche mit Oppositionsparteien – und reichte auch dem benachbarten Rivalen Eritrea die Hand. Seit langer Zeit hatte ein schwelender Grenzkonflikt die Beziehung beider Länder belastet.

Die Reaktionen

Ahmed verurteilte den Anschlag scharf. Im äthiopischen Fernsehen sagte er, die Explosion habe sich nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen die Masse der Kundgebungsteilnehmer gerichtet: „Die Menschen, die für diesen Anschlag verantwortlich sind, sind Antifriedenskräfte.“ Und weiter: „Ihr solltet damit aufhören. Ihr wart erfolgreich in der Vergangenheit – aber ihr werdet es in der Zukunft nicht mehr sein.“ Es wird vermutet, dass Ahmed seine Worte auf Mitglieder der Fraktion TPLF gemünzt hat. Diese besaß bislang nicht nur innerhalb des Vierparteienbündnisse EPRDF, sondern in ganz Äthiopien die größte Macht und den größten Einfluss .

Sechs Verdächtige sowie neun ­Polizeibeamte wurden seit dem Anschlag verhaftet. Auch die eritreische Regierung verurteilte das Attentat. In den sozialen Medien wuchs derweil die Unterstützung für Ahmeds Reformkurs.

Die Konsequenz

Nach der Euphorie seiner ersten Amtsmonate will Ahmed sein politisches Tempo auch von dem Anschlag nicht abbremsen lassen. In einer TV-Ansprache bekräftigte er, dass er seinen Reformkurs beibehalte und dass alle Versuche, die äthiopische Bevölkerung zu spalten, scheitern müssten. Dennoch wird er jetzt, da er um seine tödlichen Feinde weiß, womöglich etwas vorsichtiger manövrieren.

Ilona Eveleens, Nairobi