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Guerilla-Strom für alle

Solarlobby mahnt die Stromnetzbetreiber: Sie sollen das veränderte verbraucherfreundliche Regelwerk für Mini-Module endlich anwenden

Von Sebastian Grundke

Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) mahnt die deutschen Stromnetzbetreiber, sich bei Haushaltssolaranlagen die Regeln zu halten: „Netzbetreiber, die nach Inkrafttreten der neuen Installationsnorm im Mai 2018 noch immer behaupten, dass der Anschluss von Solargeräten im Endstromkreis unzulässig ist, bauen gesetzeswidrige Marktbarrieren auf“, sagte Markus Vietzke von der DGS. Diesen Firmen drohten Briefe von der Bundesnetzagentur oder Abmahnungen von Anbietern.

Die DGS tritt für eine bürgernahe Energiewende ein und war maßgeblich am Verfahren für die neue Norm beteiligt. Die regelt den Einsatz von Kleinst-Solaranlagen, etwa auf dem Balkon. Auf Druck der DGS haben die für die Normung zuständigen Institutionen wie das Deutsche Institut für Normung (DIN) eine bislang hemmende Formulierung in der fraglichen Norm geändert.

Der Normentext aus dem Jahr 2011 sah vor, dass Anlagen zur Stromerzeugung nur an spezielle Stromkreise und nicht an Haushaltsstromkreise angeschlossen werden dürfen. Seit Mai ist die neue Norm mit der Nummer 0100-551 verbindlich. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kennt die Probleme bei der Anmeldung der Geräte: „Uns sind Fälle bekannt, in denen Netzbetreiber die in der neuen Norm 0100-551 bereits vorgeschriebenen, vereinfachten Anschlussbedingungen für Balkonsolaranlagen noch nicht gewährleisten“, sagte Michael Friedrich, Sprecher des Stromanbieters Greenpeace Energy.

Wenn es denn klappt, wird die in das Haushaltsnetz eingespeiste Energie vorrangig genutzt, sodass der Bezug von Strom aus dem Netz sinkt. Die eng mit der DGS verflochtene Firma „Indielux“ bietet dafür ein Computerprogramm an. Es soll verhindern, dass der produzierte Strom versehentlich ins Stromnetz außerhalb des eigenen Haushalts gelangt.

Hintergrund des Streits um die Normen ist das deutsche Gesetz: Es sieht vor, dass die Solaranlagen beim Netzbetreiber anzumelden und mit diesem abzustimmen sind. Diese dürfen die Anmeldung nur ablehnen, wenn die Anlage die Stromversorgung gefährdet oder beeinträchtigt. Sie tun dies aber häufig mit dem Verweis, der Betrieb wäre illegal oder verweigern schlicht die Anmeldung. Schon 2016, vor Inkrafttreten der neuen Norm, gab es deshalb ein Verfahren bei der Bundesnetzagentur gegen den Netzbetreiber Westnetz, der sich gegen die im Gesetz vorgesehene Anmeldung von Solarenergiegeräten sperrte.

Um den Streit um die Mini-Solaranlagen endgültig zu regeln, sind weitere Normen vorgesehen, die explizit auf das Anmelden der Anlagen beim Stromanbieter sowie auf die Geräte selbst abstellen sollen. So ist eine Anmeldenorm mit der Nummer 4105 bereits in Arbeit, eine Produktnorm für die Balkonsolaranlagen und ähnliche Geräte soll im Jahr 2019 kommen.

Doch auch diese weiteren Normen sind umstritten. Dabei geht es um die Stecker der Geräte: „Im Verfahren zur neu formulierten Anwendungsregel 4105 geht die Mehrheit im entsprechenden Gremium oft mit sachfremden und widerlegten Argumenten zu Werke“, sagte Greenpeace-Sprecher Friedrich. Kurz gesagt bestehe man dort auf einer speziellen Einspeisesteckdose, die es aus Sicht von Greenpeace nicht brauchen würde. Die Anmeldenorm wird für das dritte Quartal des laufenden Jahres erwartet.