Fragen und Antworten zu Transitzentren: Ist das noch rechtens oder nur rechts?

Das 3-Punkte-Papier von CDU/CSU erklärt: Über die Unterschiede von Transitzentren und Transitzonen und die „Fiktion der Nichteinreise“.

Innenminister Horst Seehofer geht mit Mitarbeitern einen Gang entlang

Master of Desaster? Innenminister Horst Seehofer hat vor allem leere Symbolpolitik durchgesetzt Foto: dpa

Was ist geplant?

CDU und CSU haben in einem 3-Punkte-Papier ein „neues Grenzregime“ an der deutsch-österreichischen Grenze vereinbart. Asylbewerber, für deren Asylverfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist, sollen an der Einreise gehindert und stattdessen in Transitzentren an der Grenze untergebracht werden.

Dort soll geklärt werden, welcher Staat nach den Dublin-Regeln der EU zuständig ist. Anschließend soll der Antragsteller dorthin überstellt werden – oder nach Österreich.

Wie viele Personen sind betroffen?

Bis Ende Mai haben in Deutschland 78.000 Personen neue Asylanträge gestellt. Etwa jeder Fünfte war laut Eurodac-Datei schon in einem anderen EU-Staat mit Fingerabdruck registriert. In ein Transitzentrum kommt aber nur, wer an einem kontrollierten Grenzübergang einen Asylantrag stellt. Derzeit werden nur 3 von 70 deutsch-österreichischen Übergängen fest kontrolliert. Zudem hat Deutschland 817 Kilometer Grenze mit Österreich, bisher ohne Zaun und Mauer. Und an den Grenzen mit der Schweiz, mit Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Polen und Tschechien gilt das neue Grenzregime gar nicht. Es ist also leicht, der neuen Regelung auszuweichen, die vor allem symbolische Bedeutung für die CSU hat.

Was sind Transitzentren?

Im Herbst 2015 gab es in Deutschland schon einmal eine Diskussion über Transitzonen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) schlug damals vor, einen Großteil der Neuankömmlinge mit unzulässigen oder offensichtlich unzulässigen Asylanträgen an der Grenze in Haft zu nehmen. Sie sollten dort von besonders geschulten Bundespolizisten angehört werden. Die Entscheidung über Einreise oder nicht sollte binnen einer Woche fallen. Bei Verstreichen der Frist sollte die Einreise gestattet werden, um ein normales Asylverfahren durchzuführen. Die SPD protestierte damals heftig gegen die Inhaftierung von Flüchtenden in „Massenlagern im Niemandsland“.

Die CSU schlug daher ein anderes Modell von Transitzonen ohne Inhaftierung vor. Die Flüchtlinge könnten jederzeit die Transitzone verlassen, um nach Österreich zurückzukehren, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Am Ende setzten sich beide Modelle nicht durch. Es gab rechtliche und organisatorische Bedenken, weil damals pro Tag noch Tausende Flüchtlinge neu an der Grenze ankamen. Vor allem aber hatte man damals schon erkannt, dass Flüchtlinge dann vor allem über die grüne Grenze nach Deutschland kommen und der ganze Aufwand an der Grenze verpufft.

Die CSU nannte inzwischen ihre Erstaufnahme-Einrichtungen in Manching und Bamberg „Transitzentren“, um zumindest sprachlich den Eindruck nahezulegen, sie habe ihr Konzept durchgesetzt. Mit den heute diskutierten Transitzentren an der Grenze haben Manching und Bamberg aber nichts zu tun.

Was bedeutet „Fiktion der Nichteinreise“?

Zunächst bedeutet es nur, dass der Asylantragsteller, obwohl er schon auf deutschem Boden steht, rechtlich noch nicht als eingereist gilt. Beispiel sind Transitzonen auf Flughäfen, wo Fluggäste nur umsteigen, ohne einzureisen. Wer in eine Transitzone an der Grenze gebracht wird, kann deshalb nicht einfach nach München oder Berlin weiterreisen, denn die Einreise nach Deutschland ist ihm zunächst verwehrt.

Da dort auf deutschem Boden deutsche Staatsgewalt ausgeübt wird, gilt selbstverständlich deutsches Recht einschließlich Grundgesetz. Außerdem gilt EU-Recht und die Europäische Menschenrechtskonvention.

Drei Fragen sind aber noch offen: Wie lange sollen Flüchtlinge und andere Migranten dort maximal untergebracht werden? Sollen sie inhaftiert werden? Ist es möglich, aus einem Transitzentrum heraus deutsche Gerichte anzurufen? Das 3-Punkte-Papier von CDU/CSU lässt diese Punkte offen. Rechtlich ist die Antwort aber oft eindeutig: So muss vor einer Überstellung an einen anderen Staat immer die Möglichkeit bestehen, dagegen zu klagen. Möglicherweise sind die Punkte bewusst offen geblieben, damit die SPD noch zeigen kann, wie sie die Transitzentren rechtsstaatlich ausgestaltet hat.

Was sollen Flüchtlinge in Österreich?

Die Rückführung in das zuständige Erstaufnahmeland, zum Beispiel Italien, ist nichts Neues und in der Dublin-III-Verordnung ohnehin vorgesehen. Bisher scheitert sie oft an Fristen. Bilaterale Abkommen sollen die Überstellung erleichtern.

Wenn Staaten aber keine bilaterale Abkommen mit Deutschland schließen wollen – und Italien, Ungarn und Polen haben das bereits angekündigt –, soll eine „Zurückweisung“ nach Österreich stattfinden – „auf Grundlage einer Vereinbarung“.

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