„Ich habe dir das nicht erlaubt!“

Auch bei der WM in Russland gibt es sexuelle Übergriffe auf Fußballreporterinnen – oft vor laufender Kamera. Doch die Angegriffenen wehren sich, wie zuletzt die brasilianische Reporterin Julia Guimarães

VonSunny Riedel

Nur wenige Tage nach den massiven Anfeindungen gegen WM-Kommentatorin Claudia Neumann ist das Thema Belästigung von Fußballreporterinnen erneut ins Zentrum gerückt.

Zumindest in Brasilien. Denn von dort stammt die Sportjournalistin Julia Guimarães, die am Sonntagabend in Jekaterinburg sexuell belästigt wurde. Vor laufender Kamera versuchte ein feiernder Fan sie zu küssen, die 25-Jährige wich rechtzeitig aus und schrie den Mann auf Englisch an: „Tu das nie wieder. Tu das nie wieder mit einer Frau. Ich habe dir das nicht erlaubt. Respekt!“, forderte sie. Aus dem Off hört man noch ein klägliches „Es tut mir leid“.

Für ihre wehrhafte Reaktion wurde Guimarães von Kolleg*innen ihres Arbeitgebers, Lateinamerikas größtem TV-Netzwerk O Globo, gefeiert. Sie selbst gab zwei Tage später gegenüber dem Programm „Mais você“ (mehr von dir) an, von sich gleichermaßen überrascht wie zufrieden zu sein. Ihr selbst sei so etwas in Brasilien noch nie passiert, sie habe sich aber schon häufig gefragt, wie sie wohl reagieren würde. „Ich hoffe, dass meine Reaktion ein Beispiel dafür geben kann, wie wir reagieren müssen, denn ein solches Verhalten dürfen wir nicht dulden.“

Der Vorfall hat die Kampagne #deixaelatrabalhar (Englisch: #letherwork, Deutsch: #lasssiearbeiten) in den sozialen Medien wieder nach oben gespült. Im Vorfeld der WM hatten 52 Sportreporterinnen ein Video produziert, in dem Szenen von sexuellen Übergriffen von Fans und Spielern auf Reporterinnen zu sehen waren. Dazwischengeschnitten forderten die betroffenen Journalistinnen wütend: „Chega! Es reicht!“

Das war im März. Doch seitdem gab es neben dem Überfall auf Julia Guimarães weitere Angriffe auf Frauen, viele davon „on air“. Etwa in der vergangenen Woche in Saransk: Ein Fan küsste die kolumbianische Reporterin Julieth González Therán vor laufender Kamera und fasste ihr an die Brust. Gonzáles Therán verzog kaum eine Miene, äußerte sich im Nachhinein aber: „Wir haben eine solche Behandlung nicht verdient. Wir sind genau so wertvoll und professionell.“