Sechs Fragen
: „Der Senat hat richtig gehandelt“

Michael Neumann

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48, 2011 bis 2016 Hamburger Innensenator und trat zurück, als die Olympia-Bewerbung Hamburgs scheiterte. Seitdem ist er Lehrbeauftragter an der Helmut-Schmidt-Uni und Research Fellow an der Northern Business School.

1taz: Herr Neumann, was war 2013 aus Sicht des Innensenators der Hauptkonflikt mit der sogenannten Lampedusa-Gruppe?

Michael Neumann: Die Erwartungshaltung, dass man unter Umgehung des Dublin-Abkommens nach Hamburg kommt und Anspruch auf ein Bleiberecht und sozialstaatliche Versorgung stellte.

2Warum wurde die Forderung, alle Mitglieder der Gruppe pauschal als asylberechtigt anzuerkennen, nicht erfüllt?

Weil dies rechtlich erstens nicht zulässig und zweitens politisch falsch gewesen wäre.

3Aber die Betroffenen hatten doch sämtlich Schengen-Papiere aus Italien?

Genau, und deshalb war Italien für die Bearbeitung eines Asylantrages zuständig. Herr Söder nennt dies heute verniedlichend „Asyltourismus“. Ein Begriff, den ich mir nicht zu eigen mache.

4Gab es keinen anderen Weg als die Einzelfallprüfung?

Nein.

5Ist dieser Konflikt in Hamburg im Vergleich zu 2015 und zur aktuellen Situation nur eine Randnotiz?

In der Rückschau hat der Senat rechtsstaatlich richtig gehandelt. Dass die weitere Entwicklung das Dublin-Abkommen ad absurdum geführt hat, konnten wir nicht absehen. Und wozu dieser quasi regelungslose Zustand führt, erleben wir gerade in Europa. Keine Randnotiz, aber ein frühes Warnsignal.

6Haben Sie sich damals in der Rolle des „bösen Buben“ gefühlt?

Nein. Als Senator dieser Stadt hatte ich die Pflicht, Recht und Gesetz mit Augenmaß durchzusetzen. Was aber heute noch schmerzt, sind all die Verletzten bei den zahlreichen Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Stichwort „Lampedusa“. Viele Polizistinnen und Polizisten sind für Regelungen sinnlos verletzt worden, die zwei Jahre später nicht mehr „galten“. Das tut weh.

Interview Sven-Michael Veit