Polizei Berlin: Keine Kiffer im Streifendienst

Die Polizei lehnt einen Bewerber ab, der Cannabis konsumiert hat. Das Verwaltungsgericht bestätigt das. Hanfverband: Ungerecht.

Besser abstinent am Steuer als Pappe weg und abgeschleppt Foto: dpa

Kein Wunder, dass die Polizei Nachwuchsprobleme hat. Dass männliche Bewerber von vornherein ausscheiden, wenn sie kleiner als 1,65 Meter sind, mag man noch verstehen. Aber Menschen, die in ihrer Freizeit ab und an Cannabis konsumieren? Wie am Montag bekannt wurde, hat das Verwaltungsgericht Berlin eine entsprechende Entscheidung der Polizeibehörde bestätigt, die einen Bewerber deshalb abgelehnt hatte.

Der 40-jährige Antragsteller hatte sich 2017 um seine Einstellung in den mittleren Dienst der Polizei beworben. Bei einer Blutuntersuchung im September 2017 wurde bei ihm ein höherer Wert des Cannabis-Abbauprodukts THC-Carbonsäure gefunden. Deshalb lehnte die Polizeibehörde die Einstellung ab.

Im März 2018 erneuerte der Mann seine Bewerbung. Dabei trug er vor, keine Drogen mehr zu konsumieren. Wieder wurde er abgelehnt, diesmal sogar, ohne dass sein Blut vorher untersucht wurde. Der Bewerber klagte gegen die Ablehnung, das Verwaltungsgericht indes gab der Polizei recht.

Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst setze die umfassende Eignung eines Bewerbers voraus, befand das Gericht. Die Polizei habe dabei „einen weiten Einschätzungsspielraum“, heißt es in der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts. Cannabiskonsum könne die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Autofahren zähle aber zu den Aufgaben von Polizeivollzugsbeamten. Deshalb sei ein Bewerber, der vor weniger als einem Jahr Cannabis konsumiert habe, nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig. Angesichts der festgestellten Blutwerte sei die Behauptung des Antragstellers, kein Konsument zu sein, auch nicht glaubhaft.

Feierabendbier wird toleriert

Der deutsche Hanfverband (DHV) findet die Entscheidung ungerecht. Nicht nur aus grundsätzlichen Erwägungen, wie Geschäftsführer Florian Rister erklärte: „Bewerber, die abends ein Bierchen trinken, werden von der Polizeibehörde schließlich auch toleriert.“ Das habe auch für einen Feierabendjoint zu gelten.

Aber sind Werte von 300 ng/ml THC-Carbonsäure, die der 40-Jährige bei der Blutuntersuchung hatte, für einen Feierabendjoint nicht ein bisschen viel?

Thomas Neuendorf, Polizeisprecher

„Alkoholmissbrauch ist deutlich häufiger“

Rister sagt, der Wert lasse auf zwei bis drei Joints schließen. Aber deren Konsum sei eine Woche bis drei Monate vor der Blutentnahme erfolgt. Der Schluss, der Mann sei für den Polizeiberuf nicht geeignet, weil er fahruntüchtig sei, lasse sich daraus nicht ziehen.

Eine Woche nicht Auto fahren

Laut Straßenverkehrsordnung würde lediglich als fahruntüchtig gelten, wer aktives THC im Blut habe. Aktives THC halte sich dort maximal zehn Tage. Der Nachweis von aktivem THC führt laut Rister zum Entzug des Führerscheins. Um sicherzugehen, so der Geschäftsführer des Hanfverbands, sollten Kiffer nach dem Konsum von Cannabis eine Woche lang kein Auto fahren.

Würden andere Branchen an Bewerber ähnliche Maßstäbe anlegen wie die Polizei, ließen sich kaum noch Kraftfahrer finden, meint Rister. Er kenne einige Polizisten, die gelegentlich Cannabis konsumierten.

Wenn jemand wegen Drogenkonsums im Dienst auffalle, habe das ein Disziplinarverfahren zur Folge, erklärte Polizeisprecher Thomas Neuendorf auf taz-Nachfrage. „Alkoholmissbrauch ist aber deutlich häufiger.“

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