Betreuung nur für Reiche

Ob in Hamburg Familien von Hebammen versorgt werden, hängt von ihrer sozioökonomischen Lage ab

„Nur

ein Drittel

der Frauen, die Arbeitslosengeld II beziehen,

wird von Hebammen begleitet“

Von Mareen Butter

Eine gesundheitliche Versorgung durch Hebammen hänge in Hamburg stark von der sozialen Herkunft ab, kritisiert der gesundheitliche Sprecher der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Deniz Celik. Er bezieht sich dabei auf einen Bericht der AOK Hamburg/Rheinland. Demnach nehmen in Regionen, in denen die Arbeitslosenquote höher ist, weniger Frauen Leistungen der Hebammenhilfe in Anspruch: „Nur ein Drittel der Frauen, die Arbeitslosengeld II beziehen, wird von Hebammen begleitet, bei berufstätigen Frauen sind es doppelt so viele“, sagt Celik.

Diese Tatsache ist umso verwunderlicher, da Hebammenleistungen der gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich allen Frauen zur Verfügung stehen. Jedoch muss sich, wer eine Unterstützung von Hebammen wünscht, rechtzeitig um die Betreuung kümmern. Laut Bericht der AOK gelinge dies Familien mit höherem Bildungsgrad und Einkommen besser als sozial benachteiligten Familien.

Celik fordert daher politische Veränderungen auf verschiedenen Ebenen. Um die ungleiche Versorgung von werdenden Müttern und Säuglingen zu überwinden, solle es in mehreren Hamburger Stadtteilen Hebammenzentren geben. Außerdem sollte die Bezahlung der Hebammen überprüft werden, da die Löhne zu gering seien. Somit solle der Beruf der Hebamme wieder attraktiv gemacht werden.

Denn obwohl die Geburtenrate in Hamburg laut AOK-Bericht seit 2011 um rund 25 Prozent gestiegen ist, gibt es weniger Hebammen. 2016 wurden 47 Prozent der Hamburger Frauen im Wochenbett von einer Hebamme betreut, während es 2012 noch rund 64 Prozent waren.

Celik macht die hohen Kosten der Haftpflichtversicherung dafür verantwortlich, dass so viele Hebammen ihren Beruf aufgeben. Doch dem widerspricht Andrea Sturm, Vorsitzende des Hebammenverbands Hamburg: „Die Haftpflicht zwingt niemanden, seinen Beruf aufzugeben“, sagt sie. Nachdem die Haftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen in den letzten Jahren stark gestiegen waren, werden diese seit Juli 2015 in Form eines Sicherstellungszuschlages ausgeglichen. Dieser deckt einen Großteil der Kosten für freiberuflich arbeitende Hebammen ab.

Sturm sieht die Gründe für den Berufsausstieg an anderer Stelle: Es seien die allgemein hohen Nebenkosten, die nicht adäquat gestiegenen Bezahlungen der Krankenkassen und die schlechten Arbeitsbedingungen, die die Hebammen zur Kündigung zwängen.