Wohlleben kommt vielleicht frei

Der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben könnte im August entlassen werden. Revision im Fall André Eminger

Von Malene Gürgen

Dem 500-Einwohner-Dorf Mattstedt nordöstlich von Weimar steht ein unangenehmes Ereignis bevor: Am 25. August wollen Neonazis hier das nächste große Rechtsrock-Festival in Thüringen abhalten, mehrere tausend Besucher werden erwartet. Darunter könnte auch ein Star der Szene sein: Ralf Wohlleben, als NSU-Unterstützer seit 2011 in Haft, kommt voraussichtlich schon im August frei.

Zwar verurteilte ihn das Oberlandesgericht München wegen Beihilfe zum Mord zu einer Haftstrafe von zehn Jahren, da er davon jedoch schon mehr als zwei Drittel verbüßt hat, kann diese zur Bewährung ausgesetzt werden. Seine Anwälte haben dementsprechend nun die sofortige Freilassung ihres Mandanten beantragt, wie die Süddeutsche Zeitung aus Justizkreisen erfuhr.

Wohlleben war in den neunziger Jahren zu einem der führenden Köpfe der Thüringer Neonaziszene aufgestiegen. Gemeinsam mit Beate Zschä­pe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt war er in den Neonazi-Gruppen Thüringer Heimatschutz und Kameradschaft Jena aktiv. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er die Waffe organisiert hatte, mit dem der NSU zwischen 2000 und 2006 neun rassistische Morde verübte. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn in ihrem Plädoyer als „Chef-Unterstützer“ des Trios bezeichnet.

Im München hatte sich Wohlleben von Szene-Anwälten vertreten lassen, er selbst schwieg im Prozess. Aus dem Gefängnis heraus gab er Anweisungen für die Thüringer Neonaziszene und hielt den Kontakt zu Kameraden, insbesondere zum umtriebigen Kader Steffen R., der auch das Konzert in Mattstedt angemeldet haben soll. Die Szene dankte es ihm unter anderem mit der Kampagne „Freiheit für Wolle“, organisierte Solidaritätskonzerte und Spendensammlungen.

„Es ist naheliegend, dass Wohlleben die Veranstaltung in Mattstedt nutzen wird, um seinen Unterstützern zu danken“, sagt die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König-Preuss. „Für die rechtsextreme Szene bedeutet seine Rückkehr eine deutliche Stärkung“, sagt König-Preuss. Sie befürchtet, dass der NSU-Komplex vergessen werde, während seine lokalen Netzwerke weiterhin existieren.

Genährt werden diese Befürchtungen auch davon, dass die momentan noch laufenden Ermittlungen gegen weitere mutmaßliche NSU-Unterstützer bald eingestellt werden könnten. Denn das Münchner Gericht kam überraschend zu der Auffassung, dass der Mitangeklagte André Eminger, obgleich einer der engsten Vertrauten des Trios, nichts von den Morden gewusst habe. Damit wird es äußerst schwierig, den anderen mutmaßlichen Unterstützern, darunter Emingers Frau Susann, dieses Wissen nachzuweisen.

André Eminger, den seine Verteidiger in ihrem Plädoyer als „Nationalsozialisten mit Haut und Haar“ bezeichnet hatten, war mit einer Strafe von zweieinhalb Jahren davongekommen und entlassen worden. Die Bundesanwaltschaft kündigte Montag an, dagegen Revision einzulegen.