Die EU siegt auf alle Fälle

Alle Halbfinalisten sind Teams aus der EU. Ein historischer Moment der Machtfülle? Oder ein Zeichen des nahenden Verfalls?

Prophe­zeiungen sind ja immer schwierig. Supersonnenklar ist immerhin: Diese WM ist, mit den Halbfinals, eine fette historische Momentaufnahme: Diese WM ist ein EU-Turnier geworden. Mit Frankreich, Belgien, Kroatien und England. Letzteres Team zählt ja noch zur EU, es ist ja noch kein Brexit. Alle anderen Weltregionen sind aus dem Rennen. Und das macht ja auch Sinn. Dass die letzten vier aus der amtierenden Zentrale des Weltfußballs sind: In der Champions League spielen die Clubs mit der meisten Knete – sie sind allesamt in der EU beheimatet. Deshalb sind auch die Neymars hier auf den Pay­rolls in der EU. Doch niemand weiß, wie lang die Europäische Union noch diese ökonomische Macht auch im Fußball hat. Sie ist, ausgerechnet bei diesem WM-Turnier in Russland, auf dem Zenit ihrer Macht. Oder vielleicht doch schon im Verfall? Und wer wird es machen? Schwer zu sagen. Und doch auch leicht: Wir trauern um die Kroaten, hungrige EU-Novizen, aber trotz Entsendungen ihrer Ićs in die Top-Ligen des Kontinents spielerisch noch nicht ganz Brüsseler Spitze. Die Engländer sind zwar U-17- und U-20-Weltmeister, haben auch den führenden WM-Torschützen in ihren Reihen. Aber sie haben sich auch bis hierhin nur durch ein bewältigbares Turnier schlawinern müssen: Favoriten, aber turnierschwach. Die Multikulti-Esprit-Franzosen begeistern zwar wie ihr Premier Macron die letzten echten Europäer. Aber wie zum Auftakt gegen Australien zeigt sich, dass ihr Größenwahn sie scheitern lassen kann. Ungekrönt, noch, mit einem kerneuropäischen Kader: Belgien. Hier ist Europas Elite zu Hause, auch seine Basis. Alles kunterbunt. Geheimfavoriten? Ach was: Weltmeister. Kai Schöneberg