Wenn alle in die Großstadt wollen

Neue Studie: Selbst wirtschaftlich boomende Regionen sind von Abwanderung betroffen

Trotz guter Jobchancen schrumpfen einer ­Erhebung zufolge wirtschaftlich boomende Regionen, weil junge Leute lieber in Großstädte ziehen. Bisher waren vor allem ländliche und strukturschwache Orte von Abwanderung betroffen, so die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln. In zehn ­Städten und Kreisen ist laut der Studie das Miss­verhältnis zwischen der negativen Bevölkerungsentwicklung und der positiven Beschäftigungsdynamik besonders groß – sechs davon liegen im Flächenland Niedersachsen.

Spitzenreiter ist laut der IW-Studie aber eine Stadt in Bayern. In Würzburg nahm laut dem Ergebnis zwischen 2007 und 2015 die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung um fast ein Viertel zu, während die Bevölkerung um 7,6 Prozent abnahm. „Langfristig kann es dadurch zu einer Abwärtsspirale kommen: Firmen wandern ab, weil sie keine Fachkräfte finden, die Regionen werden ­unattraktiver und verlieren weiter an Einwohnern“, sagte IW-Wissenschaftsleiter Hubertus Bardt. Städte jenseits der großen Metropolen müssten attraktiver werden – durch bessere Kinderbetreuung oder bessere Jobaussichten für die Partner.

Für Kommunen sei es sehr schwierig, aus so einer Abwärtsspirale herauszukommen, sagte die Ökonomin Silvia Stiller vom Hamburger Institut ETR, die seit Jahren regionalwirtschaftliche Trends analysiert. Neben dem Ruhrgebiet gebe es genug andere Beispiele. Leipzig und Dresden dagegen hätten den Absprung geschafft und sich sehr positiv entwickelt.

Die Boomregionen stünden nicht nur in Konkurrenz zu Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin. „Die kleineren und mittelgroßen Städte stehen auch im Wettbewerb zueinander“, so Stiller. Dass Unternehmen wegen Engpässen auf dem lokalen Arbeitsmarkt im großen Stil ihre Standorte schließen oder ins Ausland verlegen, sei aber dennoch kein wahrscheinliches Szenario. Große Unternehmen könnten sich nur mit hohem Kostenaufwand verlagern lassen. (dpa)