berliner szenen
: Nichts mehr zu retten, sorry, Berlin!

Ich stehe am Flughafen, kurz vorm Umkippen. Meine Freundin besorgt grad Wasser für mich. Gleich geht’s mir wieder gut.

Aber noch geht’s mir nicht gut, und ich glaub, ich seh auch so aus. Zwei Touris mustern mich, trauen sich nicht an mir vorbei zum Stadtplan, der hinter mir hängt. Es nervt, dass sie so misstrauisch schauen. So fies seh ich nun auch wieder nicht aus, denke ich, trotz des angestrengten Guckens vor Durst. Umso mehr will ich ihnen auf einmal beweisen, dass ich doch nett bin. Und dass Berlin nett ist, ’ne tolle Stadt. Ich rücke zur Seite, mache ihnen Platz, zeige auf den Plan. „Wir sind hier. Wo müssen Sie hin?“ Sie gucken noch immer misstrauisch, zeigen mir aber doch das Papier in ihrer Hand. „Dann brauchen Sie den Bus da.“ Langsam entspannen sie sich. Ich weise nach rechts. „Der fährt da ab.“ Sie laufen meinem deutenden Zeigefinger nach.

Ich glaube, ich hab sie überzeugt, dass Berliner voll nett sind – und ich kein Touri-Ausraubkommando bin, das am Flughafen wartet. Aber dann sehe ich, dass der Bus links abfährt, nicht rechts. Ich will ihnen hinterher, sie in die richtige Richtung schicken, bevor sie ewig an der falschen Haltestelle warten.

Nur geht das nicht: Ich kann mir Gesichter nicht merken. Waren es die zwei da? Oder die dort? Soll ich die alle jetzt ansprechen? „Ihr Bus fährt nicht hier ab, sondern da?“ Nur: Wenn ich die Falschen anspreche, wirkt es doch wieder wie das Touri-Ausraubkommando.

So oder so: Das Berlin-Bild ist voll im Eimer – entweder ausrauben oder verarschen. Ich seufzte, sage: „Oh nee!“ Der Touri, der jetzt am Stadtplan neben mir steht, zuckt zusammen, rückt ab. Na prima, denk ich. Jetzt auch noch Gestörte im Berlin-Bild, die mit sich selbst reden, ganz laut. Das wollt ich nicht, liebes Berlin, aber ich glaub, da ist jetzt echt nichts mehr zu retten. Sorry!

Joey Juschka